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In München gilt das Demonstrationsrecht nicht für jedeN   Heft 2/2003
Ohne Substanz
Drogenpolitik

Seite 63
 
 

Am 8.2.2003 haben insgesamt rund 35.000 Menschen gegen die 39.Sicherheitskonferenz demonstriert, zu der alljährlich hochkarätige Militärstrategen aus aller Welt, Generäle und Rüstungsexperten, Außen- und Verteidigungsminister der NATO- und EU-Staaten, sowie Vertreter der Rüstungsindustrie und der Medien, im "Bayrischen Hof", zusammen kommen. Es wären noch einige DemonstrantInnen mehr gewesen, wenn die Polizei nicht in der Nacht vorher im von DemoveranstalterInnen eingerichteten Convergence Center eine Razzia durchgeführt hätte. Gegen 23:00 Uhr stürmte eine Einsatzhundertschaft des berüchtigten bayrischen Sonderkommandos USK mit Unterstützung von Zivilpolizei ohne Vorwarnung das zum Convergence Center umfunktionierte Jugendzentrum "Tröpferl-Bad", indem es sich mit Schlägen, Tritten und Stößen Zugang verschaffte. Die martialisch mit Ganzkörperpanzern, Bolzenschneidern, Brecheisen und scharfen Schusswaffen ausgerüsteten PolizistInnen hielten die ca. 260 Personen so lange fest, bis bei allen anwesenden Personen die Personalien festgestellt wurden. Dabei wurden Seitens der Polizei ausgiebige Filmaufnahmen durchgeführt. Eine junge Frau brach bewusstlos zusammen, als sie wie 22 Andere, die überwiegend aus Berlin und Göttingen kamen, abgeführt wurde. Als ein Sanitäter zu Hilfe kommen wollte, wurde auch er von der Polizei mitgenommen. Alle Abgeführten wurden von der Polizei in die so genannte Vorbeugehaft nach bayrischem Polizeiaufgabengesetz (PAG) gebracht. Angeblich sollten dadurch bevorstehende Straftaten verhindert werden. Dabei war offensichtlich ein entscheidendes Kriterium, dass die Personen aus den genannten Städten kamen.

Nach den Vorschriften des PAG ist die Polizei verpflichtet die Festgesetzten "unverzüglich" dem Richter vorzuführen, der die Berechtigung der Ingewahrsamnahme zu prüfen hat. Obwohl die Abteilung Staatsschutz der Kriminalpolizei München in Extraschichten arbeitete und einen eigenen Flügel im Polizeipräsidium nur für die Demonstrationstage bezogen hatte, brauchte sie mehr als 12 Stunden, um die Akten dem zuständigen Ermittlungsrichter im selben Hause vorzulegen. Alle 22 Personen wurden nach der Vorführung durch den Richter im Laufe des späten Nachmittages bzw. frühen Abends wieder freigelassen. Der größte Teil der Betroffenen aber erst als die Demonstrationen gegen die Sicherheitskonferenz vorbei waren. Ein Teil der Ingewahrsamgenommenen will gegen das Verhalten der Polizei juristisch vorgehen.

Marcus Lippe, Berlin