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       Die Europäische Union steckt in einer Krise. Der Verfassungsprozess stockt, 
        der Enthusiasmus hinsichtlich der erfolgten und anstehenden Erweiterungen 
        ist verflogen und das Tagesgeschehen wird oft beherrscht vom Gezerre um 
        Geld und nationale Einzelinteressen. 
        Zum schlechten Ansehen und der verbreiteten Europamüdigkeit tragen die 
        Mitgliedstaaten auf diese Weise erheblich bei. Im Erweiterungsprozess 
        und bei der Integration der mittel- und osteuropäischen Staaten kehrt 
        die Mehrheit der Politikerinnen und Politiker gerade in Deutschland die 
        Vorteile unter den Tisch und betont die (angeblichen) Nachteile. Gleichzeitig 
        sorgen Übergangsregelungen, z.B. im Bereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit, 
        dafür, dass die neuen Mitgliedstaaten keinen gleichberechtigten Status 
        erlangen. 
        Eine weitere Taktik der Mitgliedstaaten ist das "Spiel über die Bande" 
        - perfektioniert in der Bildungspolitik: "Brüssel" wird vorgeschoben, 
        wenn es darum geht, die Struktur des Studiums hin zu Bachelor- und Masterabschlüssen 
        umzumodeln, obwohl die Ideen und Inhalte für den Bologna-Prozess auch 
        aus Deutschland kamen. 
        Das durch die beschriebenen Verhaltensweisen der Mitgliedstaaten entstehende 
        schlechte Bild von der EU verdeckt, dass europäische Rechtsetzung zum 
        Teil positive Impulse setzt, wofür in diesem Heft die Informationsrichtlinie, 
        aber auch bestimmte Möglichkeiten des Wettbewerbsrechts als Beispiele 
        dargestellt werden. 
        Angesichts des zwiespältigen Verhältnisses der Europäischen Union zu ihren 
        Mitgliedstaaten taucht unweigerlich die Frage nach dem Sinn der europäischen 
        Integration und damit nach dem, was Europa ausmacht, auf. Die Erweiterung 
        und die weitere Vertiefung der Union werden nicht zuletzt davon abhängen, 
        ob auf diese Fragen in absehbarer Zeit zufriedenstellende Antworten gefunden 
        werden.  
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