|  | Mit Beschluß vom 17. Dezember 1998 hat der erste Strafsenat des Bundesgerichtshofs 
        (BHG) entschieden, daß Lügendetektorverfahren als Beweismittel "völlig 
        ungeeignet" sind. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Einsatz von 
        Lügendetektoren in Strafverfahren haben die Richter hingegen nicht mehr, 
        sofern der/die Angeklagte sich dem Test freiwillig unterzieht. Bei Lügendetektortests werden dem/der Beschuldigten bestimmte Fragen gestellt 
        und währenddessen seine Körperreaktionen wie zum Beispiel Atmung, Schweißabsonderung 
        und Blutdruck durch einen Polygraphen aufgezeichnet. Die Tests beruhen 
        damit auf der Annahme, daß diese Reaktionen Rückschlüsse auf die Glaubwürdigkeit 
        des/der Beschuldigten zuließen. Es ist jedoch nach einhelliger wissenschaftlicher 
        Auffassung nicht möglich, von bestimmten körperliche Reaktionen auf ein 
        bestimmtes Bewußtsein zu schließen.
 Psychophysiologische Gutachten können anhand von zwei unterschiedlichen 
        Frageverfahren ermittelt werden: den Kontrollfragen- und den Tatwissentests. 
        Dabei bestehen in Bezug auf beide Verfahren Bedenken.
 Kontrollfragentests sind so konzipiert, daß zum einen direkt die Tatbegehung 
        betreffende Fragen gestellt werden und zum anderen sogenannte Kontrollfragen. 
        Dabei wird von der Prämisse ausgegangen, daß ein Täter auf jene Fragen, 
        die die Tatbegehung betreffen, aus Furcht vor Bestrafung mit stärkerer 
        Erregung reagiert als auf die Kontrollfragen, während sich dies beim Nichttäter 
        umgekehrt verhält. Dabei werde jedoch verkannt, so der BGH, daß der zu 
        Unrecht Beschuldigte in gleichem oder noch stärkerem Maß befürchten kann, 
        das gegen ihn geführte Verfahren werde strafrechtliche und sonstige Folgen 
        (z. B. Verlust des Arbeitsplatzes) haben. Der Erregungsgrad von Täter 
        und Nichttäter könne also theoretisch gleich sein.
 Im Tatwissentest werden werden der Testperson auf Fragen zur Tat mehrere 
        Antworten vorgegeben, unter ihnen jeweils auch die, die nach dem Ermittlungsergebnis 
        die richtige ist. Dabei wird davon ausgegangen, daß TäterInnen bei den 
        richtigen Antworten eine stärkere innere Erregung zeigen. Der Tatwissentest 
        kann daher nur funktionieren, wenn der/die Beschuldigte noch nicht weiß, 
        welche Tat ihm/ihr zum Vorwurf gemacht wird. Ansonsten würden auch unschuldige 
        Testpersonen diesem Wiedererkennungseffekt unterliegen. In der Hauptverhandlung, 
        in der der/die Angeklagte den Tatvorwurf bereits aus der Anklageschrift 
        kennt, kann dieses Verfahren daher schon allein aus diesem Grund nicht 
        zur Anwendung kommen.
 Das klar und überzeugend formulierte Urteil hat die trügerische Vorstellung 
        widerlegt, ein Gerichtsverfahren könne mittels einer Wahrheitsmaschine 
        ein naturwissenschaftliches Schiedsverfahren über wahr und unwahr sein. 
        Die schwierige Suche nach der Wahrheit in den Gerichtssälen bleibt also 
        dort, wo sie hingehört: in den Händen der JuristInnen und SchöffInnen.
 Lena Dammann, Hamburg Quellen: Urteil des BGH vom 17.12.1998 (Az. 1 StR 156 und 258/98); Tagespresse 
        v. 18.12.1998.     |  |