|  | In Südafrika sind nach Angaben der UNESCO ca. 10 % der Bevölkerung von 
        HIV oder Aids betroffen. Medikamente, die den Ausbruch der Krankheit hemmen 
        und die Lebenserwartung der Patienten steigern, sind zu Weltmarktpreisen 
        nicht finanzierbar. Diese sind durch das im TRIP-Abkommen (trade-related 
        intellectual property rights, Trips) der WTO geregelte internationale 
        Patentrecht geschützt.In dieser Notsituation erließ die Südafrikanische Regierung 1997 ein Gesetz 
        (den "Medicines and Related Substances Control Act"), um Medikamente billiger 
        und sie damit der breiten Bevölkerung zugänglich machen zu können. So 
        ist u. a. die erleichterte Erteilung von Zwangslizenzen und auch der Import 
        von patentrechtswidrig hergestellten Generika vorgesehen. Zwangslizenzen 
        sind Lizenzen zur Produktion unentbehrlicher Medikamente, die durch Patentrecht 
        geschützt sind, bei denen den ErfinderInnen Geld für das Patent gezahlt, 
        aber das Präparat dann durch kostengünstigere AnbieterInnen produziert 
        wird. Generika sind billige Nachahmerprodukte, die eigentlich erst nach 
        Ablauf des Patentschutzes erlaubt sind (in der BRD z. B. Ratiopharm).
 Hiergegen hatten 39 um ihre Monopole besorgte Arzneimittel-Hersteller 
        (darunter Boehringer-Ingelheim, Bayer und Hoechst) in Pretoria Klage eingereicht: 
        sie fürchteten einen Präzedenzfall mit Signalwirkung für andere Dritte 
        Welt Staaten. Die Notlage ist eindeutig, aber die Rechtslage kompliziert: 
        Das Trips selber erlaubt, in Fällen des Nationalen Notstandes Patentrechte 
        zu umgehen, dies aber nur begrenzt: Die Vergabe von Zwangslizenzen wird 
        auf den Binnenmarkt eines Landes beschränkt, so daß Staaten ohne eigene 
        Forschung davon nicht profitieren können. Für eine Einhaltung des Patentschutzes 
        jenseits der gesetzlichen Grundlage sorgt in vielen Fällen auch die Handelspraxis 
        der USA, Länder, die Generika produzieren oder importieren, wie z. B. 
        Brasilien, mit Strafzöllen und Handelsembargos zu traktieren. Eins bezweifelt 
        außer der Pharmazeutischen Industrie wohl niemand mehr: in der aktuellen 
        Anwendung kollidiert das Trips mit Menschenrechten wie dem Recht auf Leben 
        Gesundheit und dem Recht, vom wissenschaftlichen Fortschritt zu profitieren.
 Der Streit wurde nun beigelegt; die Südafrikanische Regierung und die 
        Unternehmen haben sich, auch angesichts weltweiter Proteste, außergerichtlich 
        geeinigt. Das Gesetz kann in kraft treten. Es wird in Südafrika (und absehbar 
        auch in anderen betroffenen Entwicklungsländern) nun möglich sein, Medikamente 
        zu viel niedrigeren Preisen (geschätzte 90 % unter dem aktuellen Niveau) 
        anzubieten. Dies lenkt den Blick auf die weiterhin ungelösten Probleme: 
        auch zu Produktionspreisen sind die Präparate für viele Patienten und 
        Volkswirtschaften noch unerschwinglich und wird Prävention durch Aufklärung 
        nicht konsequent genug betrieben.
 Maike Hellmig, Köln.     |  |