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Huldigung   Heft 2/2004
freie Leere
Bildung für den Wettbewerb

Seite 60
Forum Recht Redaktion heute  
 

Es gibt die anstrengenden Treffen und die lustigen und die interessanten, am häufigsten die, die anstrengend und lustig und interessant zugleich sind. Und in der Erinnerung sind natürlich immer die früheren die anstrengenderen und die letzten die besten, ob das nun stimmt oder nicht.
Wie ist es in der Forum Recht Redaktion heute? Die Redaktion ist eine ungemein wichtige Ergänzung des alltäglichen Lebens in der feindlichen Jurawelt. Hier sind die Menschen, die genauso genervt sind von all dem inhaltlichen Müll, den die Examina erfordern, und die genauso das Ganze aus einer anderen Perspektive sehen wollen und auch anderes wissen als Nummern in Gesetzen und die auch schon mal ein Buch gelesen haben, das nicht im Beck-Verlag erschienen ist, oder sogar schon mal einen Roman. Und diese Menschen wollen diskutieren über Grundlegendes und Politisches, über gute und schlechte Artikel und darüber, wie mehr LeserInnen geworben werden könnten oder darüber, ob alle Foucault gelesen haben müssen oder ob das Angeberei ist. Sie treffen sich am Freitagabend irgendwo, wo andere RedakteurInnen wohnen, nach mehr oder weniger langen Zugfahrten je nach dem in welcher letzten Ecke der Republik sie wohnen, und essen erst mal das erste von siebenundzwanzig belegten Broten, die je länger das Wochenende dauert, um so einfallsreicher mit Tomaten-Paprika- oder Käse-auf-Wurst-Applikationen gestaltet werden. Vielleicht aber wird auch zuerst die Variante "Gummibärchen mit Chips gemischt" gewählt. Der superschwarze Kaffee allerdings hat meistens erst am Samstagnachmittag seinen Auftritt, nachdem die einzige warme Mahlzeit, in Berlin beim Inder, in Hamburg beim Italiener und einmal kaum zu glauben in Erlangen sogar selbst gekocht, eingenommen wurde.

Altes und Neues

Nun aber genug der Strapazen, der weiten Wege und der schwierigen Versorgung - Forum Recht fordert zwar Aufopferungsbereitschaft, aber gerade das ist auch das Gute daran. Die Redaktion besteht seit Jahren aus sehr verschiedenen Individuen, die sich aber in einem gleichen: Der absoluten Begeisterung für die Sache. In der Redaktion finden sich weder Leute, die mal kurz ihren Lebenslauf verlängern wollen, oder solche, die ihr Ego daran hängen, Vorsitzende welchen Vereins auch immer zu sein, noch sitzen da Funktionärinnen und Funktionäre, die nicht mehr wissen, was eigentlich ursprünglich ihr Ziel war, weil sie schon so lange mit funktionieren beschäftigt sind. Die Forum Recht Redaktion scheint gefeit davor zu sein, irgendwann in der Debatte der besten Altersversorgung oder der ewig gleichen Streitigkeiten gefangen zu sein (Ausnahme bleibt natürlich der Streit um die Ersetzung des Namens, des achtziger Jahre-Fragezeichen-Ausrufezeichen-Andenkens "Forum Recht"). Der Charakter der Zeitschrift als Ausbildungs-Zeitschrift stellt sicher, dass niemand auf die Idee kommt, das ganze zu seinem/ihrem Lebensprojekt zu machen und damit alt zu werden. Der stetige Abschied von Redakteuren und Redakteurinnen ist immer auch mit Wehmut verbunden. Und die wechselnde Besetzung bedeutet immer auch Umstellungsschwierigkeiten für die Verbleibenden, wenn plötzlich neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anders diskutieren oder alte Übereinkünfte in Frage stellen, und für die neu Hinzugekommenen, wenn ihnen eben diese alten Traditionen und die bereits gesammelten Erfahrungen als selbstverständlich präsentiert werden. Spätestens nach zwei Treffen legt sich die Verwirrung und es erscheint als wäre es nie anders gewesen.

Revolution und Alltag

Diesem ständigen Wandel ist sehr viel zu verdanken. Die immer wieder neue Zusammensetzung der Redaktion verhindert, dass die Zeitschrift und deren Inhalte mit dem Personal altern und schließlich mit dessen beruflicher "Professionalisierung" etabliert und langweilig werden - im Gegenteil: Nicht nur hat sich in den letzten Jahren das Layout zum endgültig Besseren gewandelt, nachdem der nun wirklich eindeutig achtziger Jahre-Fragezeichen-Ausrufezeichen-Schriftzug verschwunden ist und mit ihm das ganze Heft jetzt ohne unverständliche Bildwitze auskommt (doch, doch, ich mochte die Pagemaker-Funktion "in Plastik Optik"), vielmehr werden heute tatsächlich passende Bilder zu den Texten gefunden. Darüber hinaus hat es auch den Anschein, dass sich der Inhalt des Heftes von der systemimmanenten Bewertung im Duktus "dies ist abzulehnen, da verfassungswidrig" zu einem insgesamt kritischeren und an Perspektiven reicheren Ansatz weiterentwickelt hat. Unverändert bleibt immer der Anspruch, der die Besonderheit von Forum Recht ausmacht und sich in Redaktion und Heftinhalt widerspiegelt: Sowohl juristisch zu erfassen als auch politisch zu sein. Wenn jetzt noch der Titel "Forum Recht" durch "Böses: Recht" ersetzt wird, wird meine Verehrung ewig sein.

Anna Luczak war bis vor kurzem und sechs Jahre lang Forum Recht Redakteurin und hat auch ein anderes Leben (auch wenn der Artikel das eher verheimlicht).