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Dataismus -   Heft 3/2004
Dataismus -
eine Gesellschaft überwacht sich selbst

Seite 74
eine Gesellschaft überwacht sich selbst  
 

In der Informationsgesellschaft spielen Daten und der Zugang zu ihnen eine elementare Rolle - allerdings nicht nur in dem positiven Sinn, dass politische, wissenschaftliche oder kulturelle Informationen für die Allgemeinheit zugänglich sind. Vielmehr werden nahezu überall und jederzeit - ob mit oder ohne Wissen der Betroffenen - personenbezogene Daten erhoben, verarbeitet, gespeichert und in den Dienst staatlicher oder privatwirtschaftlicher Interessen gestellt. Die rasante Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien ermöglicht eine immer schnellere und gezieltere Auswertung der gewonnenen Daten und so die Erstellung umfangreicher Persönlichkeitsprofile. Hochleistungs-Überwachungskameras, satellitengestützte Ortung und ähnliche Technologien schaffen so zusammen mit stetig erweiterten rechtlichen Befugnissen ein umfassendes Überwachungsszenario. Zur Rechtfertigung dienen vor allem vermeintliche terroristische oder kriminelle Bedrohungen.

Bei näherer Betrachtung kann aber beispielsweise Videoüberwachung die in sie gesetzten Hoffnungen nach mehr Sicherheit kaum erfüllen. Eine rechtliche Begrenzung staatlicher wie privater Überwachungsmaßnahmen ist schwierig: Sie krankt einerseits an unzureichenden Datenschutzregelungen, deren Einhaltung zudem nicht ausreichend kontrolliert wird. Andererseits werden Überwachungsmaßnahmen wie etwa das Abhören von Wohnungen zwar theoretisch durch den grundrechtlichen Schutz der Privatsphäre begrenzt; in der polizeilichen Praxis der scheitert eine solche Grenzziehung jedoch. Die gesellschaftlichen Auswirkungen der allgegenwärtigen Überwachung sind dabei nur wenigen bewusst. Die Relevanz eines Rechts auf Privatsphäre wird in einer Gesellschaft, die diese im Fernsehen freiwillig preisgibt bzw. sie diffusen Sicherheitshoffnungen opfert, zunehmend fraglich.

Während Informationen einerseits dem Privatbereich entrissen werden, wird der Zugang zu Informationen auf anderen Ebenen vielfach erschwert. So ist im privatwirtschaftlichen Sektor eine starke Tendenz zur Monopolisierung von Information zu beobachten: Mittels Urheber- und Patentrecht wird zunehmend der Zugang zu Informationen komplett verwehrt oder nur unter Einschränkungen gewährt. Mit den entsprechenden neuen Lizensierungsformen gehen aber wiederum neue Möglichkeiten der Überwachung und Kontrolle von NutzerInnen einher. Privatsphäre verkommt so letztlich zum Tauschgut.
In diesem Heft hoffen wir, einige Argumente gegen eine solche sich selbst überwachende und Wissen monopolisierende Gesellschaft zu liefern.