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Keine Ermittlungen gegen Rumsfeld   Heft 2/2005
mehr Theorie wagen
Ansätze der Rechtskritik

Seite 67
 
 

Das Bild ging um die Welt: Eine unscharfe Gestalt in einem, wie es schien, schwarzen Kapuzenmantel, auf einer Kiste stehend, die Arme ausgestreckt, mit von den Händen herabhängenden Kabeln. Doch der letztlich Hauptverantwortliche für Folter und Misshandlung im irakischen Gefängnis Abu Ghraib wird vorerst nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Zumindest nicht in Deutschland. Am 10. Februar 2005 hat Generalbundesanwalt Kay Nehm entschieden, kein Ermittlungsverfahren gegen Donald Rumsfeld zu eröffnen.
Angezeigt hatte die Menschenrechtsorganisation "Center for Constitutional Rights" (CCR) den amerikanischen Verteidigungsminister zusammen mit einigen seiner Untergebenen wegen der Beteiligung an Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch (VStGB). Nach dem Anzeigentext sind in Abu Ghraib zwischen dem 15. September 2003 und dem 8. Januar 2004 eine Reihe von Gefangenen geschlagen und getreten worden. Ein Häftling sei dabei gestorben. Inhaftierte seien massiv sexuell belästigt und in einem Fall auch vergewaltigt worden. Man habe den Gefangenen die Kleidung weggenommen, sie in sonstiger Weise bewusst erniedrigend behandelt und zu ihrer Einschüchterung Hunde eingesetzt. Häftlinge seien für längere Zeit in so genannten Stresspositionen gefesselt gewesen, Isolationshaft sei den Gefangenen angedroht und an einigen von ihnen vollzogen worden.
Das CCR wirft den Angezeigten vor, sich als zivile und militärische Vorgesetzte der unmittelbar Handelnden nach den §§ 4, 13, 14 VStGB strafbar gemacht zu haben. Sie sollen ihren Untergebenen die Behandlung der Gefangenen betreffende Anweisungen gegeben haben, die gegen international geltende Schutzvorschriften wie die UN-Folterkonvention verstießen. Trotz ihrer Kenntnis von den Misshandlungen hätten sie keine Schritte zur Verhinderung weiterer Übergriffe und zur Ahndung der bereits begangenen Misshandlungen unternommen.
Ausschlaggebend für die Entscheidung des Generalbundesanwalts war folgende Überlegung: Zwar gelte für die im VStGB unter Strafandrohung gestellten Verbrechen das Weltrechtsprinzip, nach dem die Straftat keinerlei Inlandsbezug aufweisen müsse. Dieses Prinzip legitimiere jedoch nicht ohne weiteres eine uneingeschränkte Strafverfolgung. Ziel des VStGB sei es, Strafbarkeits- und Strafbarkeitsverfolgungslücken zu schließen. Hier bestünden jedoch keine Anhaltspunkte, dass die Behörden und Gerichte der Vereinigten Staaten von Amerika wegen der geschilderten Übergriffe von strafrechtlichen Maßnahmen Abstand genommen hätten. So seien wegen der Vorgänge von Abu Ghraib bereits mehrere Verfahren gegen Tatbeteiligte durchgeführt worden. Dass es sich dabei jedoch ausschließlich um "kleine Fische" gehandelt hatte, hält Nehm nicht für erwähnenswert.

Constanze Oehlrich, Berlin