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  Heft 4/2005
It's the equality, stupid!
Mit Recht gegen Diskriminierung

Seite 114
Die Antidiskriminierungs-Richtlinien der EU  
 

Antirassismusrichtlinie1

* schützt vor Diskriminierung aufgrund der "Rasse"2 oder ethnischen Herkunft
* gilt sowohl im Bereich von Arbeit - Zugang zu unselbständiger wie selbständiger Erwerbstätigkeit einschließlich Ausbildung, Berufsberatung, Arbeitsentgelt, Gewerkschaftsmitgliedschaft - als auch beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich des Wohnraums
* schützt daneben den Zugang zum Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste, zu sozialen Vergünstigungen und Bildung * Ausnahmen vom Diskriminierungsverbot bei positiven Maßnahmen = Maßnahmen, bei denen bestimmte Gruppen eine günstigere Behandlung erfahren als andere, um Benachteiligungen wegen der genannten Diskriminierungsgründe zu verhindern oder auszugleichen (Beispiel: Quotenregelungen)
* Erlaubt sind Ungleichbehandlungen, wenn eine bestimmte ethnische Herkunft oder "Rasse" für die Art einer beruflichen Tätigkeit eine wesentliche Anforderung darstellt (Beispiel: Filmrollen, Selbsthilfeprojekte).
* Ausgenommen sind Regelungen aus dem Diskriminierungsschutz, welche die Bedingungen für die Einreise von Staatsangehörigen dritter Länder oder staatenlosen Personen in einen Mitgliedstaat oder ihren Aufenthalt in einem Mitgliedstaat betreffen, einschließlich der Behandlung, die sich aus ihrer Rechtsstellung ergibt
* Verlangt wird die Einrichtung einer unabhängigen Stelle.3
* Die Umsetzungsfrist der Richtlinie ist abgelaufen. Der EuGH hat Deutschland wegen ihrer Nichtumsetzung verurteilt.4

Rahmenrichtlinie im Bereich der Arbeit5

* schützt vor Diskriminierung aufgrund der Religion oder der Weltanschauung, des Alters, der sexuellen Ausrichtung oder einer Behinderung
* ist auf den Bereich Arbeit beschränkt
* enthält - im Vergleich zur Antirassismusrichtlinie - zusätzliche Ausnahmen vom Diskriminierungsschutz:
* Notwendige Regelungen für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit, die Verteidigung der öffentlichen Ordnung und die Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit und zum Schutz der Rechte und Freiheiten sind ebenso ausgenommen wie Leistungen seitens der staatlichen Systeme oder der damit gleichgestellten Systeme einschließlich der staatlichen Systeme der sozialen Sicherheit oder des sozialen Schutzes.
* Bezüglich der Merkmale Behinderung und Alter gilt dies auch für Regelungen, welche die Streitkräfte betreffen.
* Ungleichbehandlungen wegen des Alters können unter bestimmten Umständen keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind sowie ein legitimes Ziel verfolgen, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind (Beispiel: Altersbeschränkung für PilotInnen).
* Die Umsetzungsfrist ist mit Ausnahme des Merkmals Alter abgelaufen.

Güter-Zugangs-Richtlinie Geschlecht6

* schützt vor Diskriminierung aufgrund des Geschlechts beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen.
* erweitert den Schutz der "Gender-Richtlinien" aus den Jahren 19767 bzw. 20028, die sich nur auf den Bereich Arbeitsmarkt beziehen
* macht zusätzlich zu den in der Antirassismusrichtlinie genannten Ausnahmen im Bereich des Versicherungswesens die Ausnahme, dass unterschiedliche Versicherungstarife auch künftig erlaubt sind, wenn sie auf relevanten statistischen Daten beruhen; allerdings dürfen Kosten, die im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Mutterschaft entstehen, nicht berücksichtigt werden.
* verlangt die Einrichtung einer unabhängigen Stelle

Anmerkungen:

1 RL 2000/43/EG, ABl. 2000 Nr. L 180, 22.
2 Vgl. zur Verwendung dieses Begriffs in der Richtlinie Michaelsen, in diesem Heft, 125 ff.
3 Vgl. Dern, in diesem Heft, 120 ff.
4 EuGH v. 28.04.2005, Rs. C-329/04.
5 RL 2000/78/EG, ABl. 2000 Nr. L 303, 16.
6 RL 2004/113/EG, ABl. 2004 Nr. L 373, 37.
7 RL 76/207/EWG, ABl. 1976 Nr. L 039, 40.
8 RL 2002/73/EG, ABl. 2002 Nr. L 269, 15.