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Politische Justiz | Heft
2/2006 Zwischen Wir und Ich: Europäische Idee und nationale Interessen Seite 69 |
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"Ich habe nichts gegen Klassenjustiz; mir gefällt nur die Klasse nicht,
die sie macht." Trittbettfahrer Militarismus. Generalbundesanwalt Kay Nehm dürfte schwer genervt
sein vom §80 Abs.1 Strafgesetzbuch (StGB), der da lautet: "Wer einen Angriffskrieg
(Artikel 26 Abs.1 des Grundgesetzes), an dem die Bundesrepublik Deutschland
beteiligt sein soll, vorbereitet und dadurch die Gefahr eines Krieges
für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit lebenslanger
Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft." Kriegsopfer Nationalsozialismus. Am 23. November 2005 noch hatte das Sozialgericht
Hamburg den ehemaligen SS-Rottenführer Walter F. die Kriegsversehrtenrente
entzogen (Az.: S 30 V 4/03). Nach dem seit 1998 geltenden §1a Bundesversorgungsgesetz
(BVG) sind Leistungen für die Zukunft ganz oder teilweise zu entziehen,
wenn der Berechtigte während der Zeit des Nationalsozialismus gegen die
Grundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtstaatlichkeit verstoßen hat.
Der SS-Mann war von 1940 bis 1943 an der Misshandlung und Liquidierung
von Häftlingen im KZ Neuengamme beteiligt. 1944 wurde er an der Ostfront
schwer verletzt und bezog seitdem eine Kriegsbeschädigtenversorgung. Ein
Ermittlungsverfahren gegen ihn verlief - wie so viele in den 60er Jahren
- im Sande. Lehrstunde Berufsverbote. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat am 13. März
das Berufsverbot für den linken Realschullehrer Michael Csaszkóczy bestätigt
und damit dessen Klage gegen das Land Baden-Württemberg abgewiesen. Seit
Anfang 2004 wird dem Heidelberger Pädagogen die Übernahme in den Schuldienst
verweigert (siehe FoR 2006, 33). Wie die ehemalige Kultusministerin des
Landes und jetzige Bildungsministerin Annette Schavan (CDU), auf welche
die politische Entscheidung für das Berufsverbot zurückgeht, nimmt das
Verwaltungsgericht in seiner Begründung Bezug auf die Mitgliedschaft Csaszkóczys
in der als verfassungsfeindlich bezeichneten Antifaschistischen Initiative
Heidelberg (AIHD). Diese erkenne eine "Kontinuität zwischen nationalsozialistischem
Staat und der Bundesrepublik Deutschland", welche sie "militant" bekämpfen
wolle, so das Gericht. Damit würden die Grenzen einer legitimen Kritik
an dem Staat und seiner Verfassung weit überschritten. Die Bundesrepublik
würde haltlos angegriffen und diffamiert - ließ das Karlsruher Verwaltungsgericht
wissen - denn es sei, "geradezu das Kennzeichen unserer freiheitlichen
demokratischen Grundordnung, dass sie mit der extrem autoritären, im Rechtswesen
völlig willkürlichen und insgesamt menschenfeindlichen Staatsordnung des
so genannten Dritten Reiches radikal gebrochen hat und eine in jeder Hinsicht
gegenteilige Ordnung verwirklicht". (str) |