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Seit 1980 ist in Deutschland per Gesetz geregelt, dass ein Mensch nur
unter sehr engen Voraussetzungen einen Vornamen annehmen kann, der seinem
bei Geburt zugeschriebenen Geschlecht widerspricht. Nur unter noch engeren
Voraussetzungen, nämlich nur nach einer operativen Geschlechtsumwandlung,
wird dieses selbst bestimmte Geschlecht auch rechtlich anerkannt und im
Geburtenbuch eingetragen. Mit dem so genannten "Transsexuellengesetz",
das dies regelt, hat sich seit 1980 mehr das Bundesverfassungsgericht
(BVerfG) als der Gesetzgeber beschäftigt. Bereits zum dritten Mal erklärte
das BVerfG im Dezember 2005 einen Passus aus dem kurzen, strengen Gesetzestext
schlicht für verfassungswidrig.
Dieses Mal hatte eine Hamburgerin geklagt, die als "Kai" geboren wurde
und ihren Vornamen später standesamtlich in "Karin" geändert hatte. Karin
hatte sich keiner Operation unterzogen, sondern "nur" die für eine Vornamensänderung
notwendigen zwei Gutachten darüber eingeholt, dass sie "sich dem anderen
Geschlecht zugehörig empfindet" und "seit mindestens drei Jahren unter
dem Zwang steht, ihren Vorstellungen entsprechend zu leben" (§ 1 Transsexuellengesetz).
Dem Standesamt galt sie damit, mangels Operation, lediglich als ein Mann
mit einem weiblichen Vornamen. Als Karin und ihre weibliche Lebenspartnerin
ihre Beziehung rechtlich absichern wollten, stand den beiden daher auch
nicht die Möglichkeit einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft
offen. Das Standesamt verlangte von Karin und ihrer Lebenspartnerin vielmehr,
dass sie als Mann und Frau eine Ehe schlössen. Was die beiden taten. Daraufhin
machte das Standesamt allerdings Karins Vornamensänderung rückgängig,
denn so schreibt es das Transsexuellengesetz vor. Dem Gesetz liegt hier
die Vorstellung zugrunde, dass, wer eine Frau heiratet, sich selbst wohl
nicht mehr als Frau fühle und daher zur Klarstellung seinen männlichen
Vornamen wieder annehmen müsse.
Diese Regelung ist verfassungswidrig, weil sie nach einer Vornamensänderung
ausschließlich noch Heterosexualität anerkennt. Der Gesetzgeber wertet
hier die Entscheidung einer Person für eine/n Partner/in einfach als Statement
über das eigene Geschlecht - wenn da einerseits eine Frau sei, müsse auf
der anderen Seite ja "logischerweise" ein Mann stehen. "Logisch" ist an
dieser Sichtweise überhaupt nichts, wie es das BVerfG nun klargestellt
hat. Mit dem sexuellen Interesse an anderen Menschen hat die Änderung
des eigenen Geschlechts erstmal nichts zu tun, insofern trifft es der
Ausdruck "transgender" auch besser als der im Gesetz verwendete ungenaue
Ausdruck "transsexuell". Eine Frau, die als Mann geboren wurde, kann alles
sein, was andere Frauen auch sein können - auch lesbisch.
Ron Steinke, Hamburg
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