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Teilprivates Gefängnis Hünfeld   Heft 2/2006
Zwischen Wir und Ich:
Europäische Idee und nationale Interessen
Seite 67
 
 

Mit Eröffnung der Justizvollzugsanstalt Hünfeld gibt es in Deutschland das erste teilprivatisierte Gefängnis. Neben den 116 staatlich Bediensteten werden fortan auch 95 MitarbeiterInnen des privaten englischen Betreiberkonzerns "Serco" am Strafvollzug mitwirken. Dessen MitarbeiterInnen sind dabei für alles zuständig, was über die Bewachung der Häftlinge hinausgeht. Zu ihren Aufgabenbereichen gehören u.a. die Instandhaltung und Reinigung des Gebäudes, die Videoüberwachung, der Betrieb von Küchen und Werkstätten, Teile der Verwaltung sowie die psychologische und pädagogische Betreuung der Häftlinge. Ausgenommen bleibt die Durchführung des unmittelbaren Zwangs, also die Bewachung und Beaufsichtigung der etwa 500 Häftlinge. Das Land will auf diesem Weg 660.000 € jährlich sparen.
Diese Praxis - die bereits als "innovatives" Vorbild für weitere Projekte dient - spielt sich in einem hochsensiblen Bereich der Eingriffsverwaltung durch den Staat ab, sodass sich die Frage nach ihrer Verfassungsmäßigkeit geradezu aufdrängt. Die Privatisierung des Strafvollzugs ist am Demokratie-, Sozial- und Rechtsstaatsprinzip sowie an den engen Grenzen der Grundrechte zu messen. Wie jedoch im konkreten Alltag die Grenze zwischen grundrechtsrelevanter Eingriffsverwaltung und der restlichen Verwaltungstätigkeit gezogen werden kann, scheint zweifelhaft. Zu befürchten steht eine Ausweitung von Ermessenspielräumen sowie zunehmend mangelhafte gerichtliche Kontrollmöglichkeiten.
Statistiken aus dem angloamerikanischen Raum machen deutlich, dass die Erfolge von Teilprivatisierung vor allem in der Erhöhung der Sicherheit liegen. Eine Beschränkung des Strafvollzugs auf reine "Sicherheitsverwahrung" lässt sich jedoch nicht legitimieren. Das Ziel der Resozialisierung muss oberste Priorität haben.
Unabhängig von der verfassungsrechtlichen Problematik schießt die Teilprivatisierung letztlich an den wahren Problemen des Strafvollzugs vorbei. Hierunter fallen insbesondere die Überbelegung, die Übernahme sachfremder Aufgaben (Abschiebevollzug), die Unterbezahlung und Überlastung des Personals sowie die fehlenden Entwicklung und Umsetzung problemadäquater und zielgruppenorientierter Vollzugskonzepte. Sinnvolle Lösungsansätze für diese Situation bestünden demnach etwa in umfassenden Haftvermeidungsstrategien, gepaart mit einer Optimierung sowohl der Personalstruktur als auch der Kooperation der beteiligten Justizbehörden. Ironischerweise führt die Privatisierung jedoch zu gegenteiligen Ergebnissen: Rationalisierung und Kostenersparnis an Personal und dessen Aus-/Fortbildung gepaart mit einem mangelnden Interesse an langfristigen, haftvermeidenden Konzepten. Denn wer mit Strafvollzug verdienen will, kann eben dafür nichts übrig haben.

Frauke Roßmann, Berlin