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Hausverbot für Abschiebegegnerin bestätigt   Heft 2/2006
Zwischen Wir und Ich:
Europäische Idee und nationale Interessen
Seite 68
 
 

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 20. Januar 2006 (Aktenzeichen: V ZR 134/05) die Revision einer Abschiebegegnerin gegen ein Urteil des Landgerichts (LG) Frankfurt/Main vom 20. Mai 2005 abgewiesen. Sie hatte sich in den Vorinstanzen gegen ein Hausverbot gewandt, welches ihr die Betreiberin des Flughafens Frankfurt/Main, die Fraport AG, ausgesprochen hatte.
Am 11. März 2003 verteilte sie in einer Abflughalle Flugblätter an die Passagiere eines Flugzeuges, mit dem auch ein Ausländer abgeschoben werden sollte. Diese enthielten Informationen über das Schicksal des Ausländers und das Instrument der Kettenabschiebung. Da hierfür die Einwilligung der Fraport AG fehlte, erhielt sie Hausverbot. Die Abschiebegegnerin sah dadurch ihre Meinungs- und Demonstrationsfreiheit aus Art. 5 und Art. 8 Grundgesetz (GG) verletzt.
Anders als das LG begründete der BGH die Zulässigkeit des Hausverbotes aber nicht mit der mangelnden Grundrechtsbindung der Fraport AG als Private. Das Hausverbot sei auch zulässig, wenn eine solche Bindung bestünde - was der BGH leider ausdrücklich offen lässt, obwohl gegenwärtig das Land Hessen 31,7%, die Stadt Frankfurt/Main 20,3% und die Bundesrepublik Deutschland 6,6% der Fraport-Aktien halten.
Der BGH argumentiert, Art. 8 GG gewähre keinen Anspruch auf eine Demonstration an einem Ort, für den kein Benutzungsrecht bestünde. Der Fraport AG erwachse auch als öffentlicher Unternehmung keine Verpflichtung, DemonstrantInnen ein Benutzungsrecht einzuräumen, falls zu befürchten sei, dass eine Störung des Flugbetriebs bezweckt werde. Davon sei aber auszugehen gewesen, da die Flugblätter die Passagiere zu Solidaritätsbekundungen mit dem abzuschiebenden Ausländer bewegen sollten, und solche Bekundungen geeignet seien, den störungslosen Flugbetrieb zu gefährden. Auch aus Art. 5 GG ergebe sich kein Anspruch auf Nutzung des Flughafens zum Zwecke der Meinungsäußerung. Denn die durch das Hausverbot konkret vorgenommene Beschränkung der Meinungsfreiheit diene dem Schutz der Funktionsfähigkeit des Flugbetriebes. Dies sei ein "gewichtiger Gemeinwohlbelang [...], die damit verbundene Einschränkung der Meinungsfreiheit [sei] deshalb hinzunehmen".
Obwohl die tendenziell anklingende Grundrechtsbindung öffentlicher Unternehmen zu begrüßen ist, stellt das Urteil einen Schlag gegen die demokratische Kultur dar. Das Ergebnis der Abwägung Meinungs- und Demonstrationsfreiheit versus Ungestörter Flugbetrieb, aber auch das Ausklammern der Frage, welchen Wert die Demonstrationsfreiheit angesichts zunehmender, nicht nur formeller, sondern auch materieller Privatisierung öffentlichen Raumes noch hat, ist besorgniseregend. Die unterlegene Klägerin wird Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des BGH einlegen.

Philip Rusche, Greifswald