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Mit der Entscheidung vom 7. November 1995 hat das Bundesverfassungsgericht
(BVerfG) den baden-württembergischen "Wasserpfennig" und die hessische
Grundwasserabgabe für verfassungsgemäß erklärt.
Die in Baden-Württemberg und Hessen erhobene Abgabe belegt die Entnahme,
insbesondere von Grundwasser, mit einer Gebühr, deren Höhe von Menge,
Herkunft und Verwendungszweck abhängt. Die Zahlung dieses Wasserentnahmeentgelts
betrifft insbesondere Wasserwerk e, Kraftwerke und Großunternehmen der
Papier- und Chemiebranche.
Die KlägerInnen, der Chemiekonzern BASF und mehrere hessische Papierunternehmen,
bewerteten den baden-württembergischen "Wasserpfennig" und die Hessische
Grundwasserabgabe als eine verkappte Steuer, für deren Erhebung dem Land
die Gesetzgebungskompetenz fe hle. Dagegen sah das BVerfG hier die Voraussetzungen
des allgemeinen Steuerbegriffs nicht als erfüllt an. Zu den Merkmalen
der Steuer gehöre, daß sie nicht als Gegenleistung für eine besondere
staatliche Leistung gefordert wird. Steuern würden "voraussetzu ngslos"
erhoben. Jedoch steht - laut BVerfG - den Wasserentnahmeentgelten als
Gegenleistung die Eröffnung der Möglichkeit der Wasserentnahme gegenüber.
Die Abgaben schöpften den Vorteil ab, der den Wasserentnehmern dadurch
zuflösse, daß ihnen die Nutzung d es Wassers - eines Gutes der Allgemeinheit,
das der Bewirtschaftung unterliege - in besonderer Weise eröffnet werde.
Die Gelder aus den Wasserabgaben fließen sowohl in Baden-Württemberg als
auch in Hessen in den jeweiligen Landeshaushalt. In Hessen sind die Einnahmen
aus der Grundwasserabgabe zweckgebunden für den Wasserschutz. Mit den
Einnahmen werden Projekte wie Regen wassersammmelanlagen, wassersparende
Produktionsverfahren oder Wassersparkampagnen gefördert. In verfassungsrechtlicher
Hinsicht darf durch die Zweckbindung keine Einengung der Dispositionsfreiheit
der HaushaltsgesetzgeberInnen entstehen. Das BVerfG sah hi er das vertretbare
Ausmaß an Zweckbindungen jedoch noch nicht als überschritten an.
Daß eine Grundwasserabgabe eine sehr erfolgreiche Regulierung sein kann,
hat sich z. B. in Berlin gezeigt. Dort ist der Grundwasserpegel seit Einführung
der Grundwasserabgabe wesentlich gestiegen. Dabei hat sich herausgestellt,
daß es sinnvoll ist, die umw eltschädlichen Handlungen direkt und zielgenau
zu sanktionieren, da so unmittelbar auf die Verhaltensänderung eingewirkt
wird.
Das Urteil stellt nicht nur einen Sieg für den Grundwasserschutz dar,
sondern ist auch für die "Ökosteuer"-Diskussion von erheblicher Bedeutung.
Das BVerfG hat klargestellt, daß derartige "Öko"-Abgaben nicht mit dem
in Anlehnung an die "Kohlepfennig"-Entsc heidung erhobenen Vorwurf, es
handele sich um eine unzulässige Steuer, bzw. es würden die engen Voraussetzungen
der Sonderabgabe nicht erfüllt werden, abgeschmettert werden können. Selbst
wenn die Abgaben sich nicht herkömmlichen Begriffen wie der Gebühr z uordnen
lassen, besteht demnach ein finanzverfassungsrechtlicher Spielraum.
Hier ist das BVerfG einen neuen Weg gegangen, der die Besonderheit der
Inanspruchnahme von Umweltgütern berücksichtigt.
Marei Pelzer, Freiburg
Quellen und Literatur:
(zum Urteil) Aktenzeichen: 2 BvR 413/88 und 1300/93.
(Hintergrund) FR vom 16.2.96; Frank Schreiber, Forum Recht 1/95, 28; Susanne
Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltresourcen, Berlin 1995
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