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Am 14. Mai 1996 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Änderung
des Asylgrundrechts von 1993 für verfassungsgemäß erklärt. Nach der im
letzten Jahr von BVerfG-Präsidentin Jutta Limbach getätigten kritischen
Äußerung, das neue Asylrecht sei "mit heißer Nadel gestrickt", hatten
sich Asylsuchende und deren FürsprechInnen mehr von diesem Urteil erhofft.
Dagegen bestätigte das BVerfG die drei Eckpfeiler des neuen Asylrechts:
Drittstaatenregelung, Konzept der sicheren Herkunftsländer und Flughafenregelung.
Flüchtlinge, die über einen "sicheren Drittstaat" in die Bundesrepublik
einreisen, haben grundsätzlich keinen Asylanspruch. Sie können an der
Grenze sofort zurückgewiesen werden. Dabei entfällt grundsätzlich eine
Einzelfallprüfung, da die Sicherheit für Flüchtlinge im Drittstaat per
Gesetz oder (im Fall der Staaten der Europäischen Union) per Verfassung
generell festgestellt wurde.
Immerhin akzeptiert das BVerfG jetzt enge Ausnahmen von der Drittstaatenregelung,
zum Beispiel wenn im Drittland die Todesstrafe droht. Dann soll das "kleine
Asyl" des Ausländerrechts zum Tragen kommen.
Unbeanstandet blieb das Konzept der sicheren Herkunftsländer. Kommt der
Flüchtling aus einem Staat, der per Gesetz als sicher identifiziert wurde,
ist der Asylantrag grundsätzlich als offensichtlich unbegründet zu behandeln.
Im Gegensatz zur prinzipiell hermetischen Drittstaatenregelung kann der
Flüchtling diese Vermutung widerlegen.
Bei der Flughafenregelung gab es richterliche Beanstandungen. EinE nicht
anwaltlich vertretene AntragstellerIn müsse die Hilfe eineR unabhängigen
asylrechtskundigen BeraterIn in Anspruch nehmen können. Außerdem wurde
die Frist, die dem Flüchtling im Flughafenverfahren zur Erhebung einer
Klage zusteht, um vier Tage verlängert. Trotz dieser Rechtsschutzerleichterung
erinnert die Unterbringung der Flüchtlinge im Transitbereich weiter an
eine Zwangsinternierung. Zynisch klingt da die Schuldzuweisung des BVerfG
für diese menschenunwürdige Lage der Flüchtlinge: Daß die Asylsuchenden
wegen möglicher Verfolgung nicht in ihre Heimatstaaten zurück können,
sei nicht Folge einer der deutschen Staatsgewalt zurechenbaren Maßnahme.
Die Entscheidungen zum Flughafenhafenverfahren und zur Drittstaatenregelung
ergingen mit knappen Mehrheiten von jeweils 5 zu 3. Dabei verfaßten die
dissentierenden RichterInnen Böckenförde, Limbach und Sommer scharf formulierte
Sondervoten.
Der entschiedenste Widerspruch innerhalb des Gerichts fand sich dabei
gegen die Erschwerung von Asylverfassungsbeschwerden.
Marei Pelzer, Freiburg
Quellen:
(zum Urteil) Europäische Zeitung für Grundrechte 96, 237 ff.; tageszeitung,
Frankfurter Rundschau, Süddeutsche Zeitung v. 15.5.96.
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