Heft 2 / 1997:
Rost, Roben und Reformen
Alternativen für die Justiz
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Achim Berge
EU-Kommission läßt Gen-Mais zu
 

Das Zulassungsverfahren für den genmanipulierten Mais der Schweizer Firma Ciba-Geigy galt als Präzedenzfall für den Umgang der EU mit genetisch veränderten Pflanzen. Die Zulassung im Dezember kann als Beleg für die unkritische und industrieabhängige Politik der Kommission gesehen werden. Einige Länder wollen jetzt die Gefolgschaft verweigern.
Der Ciba-Mais wurde durch eine gentechnische Veränderung resistent gegen den Maiszünsler, einen ernteschädigenden Käfer. Da man hierbei eine Methode der biologischen Schädlingsbekämpfung abkupferte, wird befürchtet, daß der Käfer bald gegen diese schonende Methode resistent sein werde. Noch schwerwiegender sind die Befürchtungen, die sich auf ein zweites Resistenz-Problem richten. Die Pflanze trägt nämlich auch eine Resistenz gegen das bei Menschen häufig verwendete Antibiotikum Ampizillin in sich. Befürchtet wird daher die Übertragung der Antibiotika-Resistenz auf den Menschen.
Zunächst war der von Frankreich übermittelte Antrag auf Zulassung des Gen-Maises von einem Mitbestimmungsgremium der Mitgliedsstaaten abgelehnt worden. Auch der in diesem Fall anzurufende Umweltministerrat war sehr zurückhaltend. Zeitweilig war auch hier die Zulassung nur von Frankreich befürwortet worden. So umstritten war bisher noch keine Gentech-Pflanze.
Da aber keine Einstimmigkeit gegen den Gen-Mais zustandekam, durfte die Kommission nach den EU-Regeln nun die von ihr ebenfalls befürwortete Zulassung beschließen. Zuvor beauftragte sie zur Besänftigung der Öffentlichkeit aber noch einmal drei wissenschaftliche EU-Ausschüsse mit einer Prüfung. Nachdem diese eine Gefahr für den Menschen ausschlossen, erfolgte im Dezember letzten Jahres schließlich die Zulassung.
Ein genauer Blick auf die Gutachten offenbart aber deren Fragwürdigkeit: Sie sind nicht länger als 20 Zeilen und damit alles andere als fundiert. Ohne eine Indiskretion wären die Gutachten gar nicht erst bekannt geworden, da alle an der Zulassung beteiligten Gremien geheim tagen und ihre Protokolle und sonstigen Unterlagen nur in Ausnahmefällen veröffentlicht werden.
Die industriefreundliche, gesundheitsfeindliche und konspirative Politik der Kommission ist zuletzt im BSE-Skandal offenbar geworden. Das Europaparlament drohte bereits mit dem Sturz der Kommission, wenn hieraus nicht Konsequenzen gezogen werden. Manche EU-Mitgliedsstaaten wollen mögliche fatale Folgen auch im Falle des Gen-Maises nicht hinnehmen. Österreich und Luxemburg erließen bereits nationale Einfuhrverbote für die künstliche Pflanze, über deren Gültigkeit, die EU-Kommission innerhalb von drei Monaten entscheiden muß. In Frankreich ist zwar die Vermarktung möglich, jedoch wurde inzwischen die Aussaat der manipulierten Maispflanzen verboten. Dies kann schon deshalb als wichtiges Signal gelten, weil Frankreich den Gen-Mais bisher am eindeutigsten unterstützte.

Achim Berge, Freiburg

Quellen:

tageszeitung v. 24.05.1996, 19.12.1996, 12.02.1997