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Das Zulassungsverfahren für den genmanipulierten Mais der Schweizer Firma
Ciba-Geigy galt als Präzedenzfall für den Umgang der EU mit genetisch
veränderten Pflanzen. Die Zulassung im Dezember kann als Beleg für die
unkritische und industrieabhängige Politik der Kommission gesehen werden.
Einige Länder wollen jetzt die Gefolgschaft verweigern.
Der Ciba-Mais wurde durch eine gentechnische Veränderung resistent gegen
den Maiszünsler, einen ernteschädigenden Käfer. Da man hierbei eine Methode
der biologischen Schädlingsbekämpfung abkupferte, wird befürchtet, daß
der Käfer bald gegen diese schonende Methode resistent sein werde. Noch
schwerwiegender sind die Befürchtungen, die sich auf ein zweites Resistenz-Problem
richten. Die Pflanze trägt nämlich auch eine Resistenz gegen das bei Menschen
häufig verwendete Antibiotikum Ampizillin in sich. Befürchtet wird daher
die Übertragung der Antibiotika-Resistenz auf den Menschen.
Zunächst war der von Frankreich übermittelte Antrag auf Zulassung des
Gen-Maises von einem Mitbestimmungsgremium der Mitgliedsstaaten abgelehnt
worden. Auch der in diesem Fall anzurufende Umweltministerrat war sehr
zurückhaltend. Zeitweilig war auch hier die Zulassung nur von Frankreich
befürwortet worden. So umstritten war bisher noch keine Gentech-Pflanze.
Da aber keine Einstimmigkeit gegen den Gen-Mais zustandekam, durfte die
Kommission nach den EU-Regeln nun die von ihr ebenfalls befürwortete Zulassung
beschließen. Zuvor beauftragte sie zur Besänftigung der Öffentlichkeit
aber noch einmal drei wissenschaftliche EU-Ausschüsse mit einer Prüfung.
Nachdem diese eine Gefahr für den Menschen ausschlossen, erfolgte im Dezember
letzten Jahres schließlich die Zulassung.
Ein genauer Blick auf die Gutachten offenbart aber deren Fragwürdigkeit:
Sie sind nicht länger als 20 Zeilen und damit alles andere als fundiert.
Ohne eine Indiskretion wären die Gutachten gar nicht erst bekannt geworden,
da alle an der Zulassung beteiligten Gremien geheim tagen und ihre Protokolle
und sonstigen Unterlagen nur in Ausnahmefällen veröffentlicht werden.
Die industriefreundliche, gesundheitsfeindliche und konspirative Politik
der Kommission ist zuletzt im BSE-Skandal offenbar geworden. Das Europaparlament
drohte bereits mit dem Sturz der Kommission, wenn hieraus nicht Konsequenzen
gezogen werden. Manche EU-Mitgliedsstaaten wollen mögliche fatale Folgen
auch im Falle des Gen-Maises nicht hinnehmen. Österreich und Luxemburg
erließen bereits nationale Einfuhrverbote für die künstliche Pflanze,
über deren Gültigkeit, die EU-Kommission innerhalb von drei Monaten entscheiden
muß. In Frankreich ist zwar die Vermarktung möglich, jedoch wurde inzwischen
die Aussaat der manipulierten Maispflanzen verboten. Dies kann schon deshalb
als wichtiges Signal gelten, weil Frankreich den Gen-Mais bisher am eindeutigsten
unterstützte.
Achim Berge, Freiburg
Quellen:
tageszeitung v. 24.05.1996, 19.12.1996, 12.02.1997
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