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Ein bißchen erwachsener dürfen sich ausländische Kids nun fühlen: Wie
ihre Eltern, so benötigen nun auch sie eine Genehmigung, um in Deutschland
leben zu dürfen. Der entsprechenden Eilverordnung von Bundesinnenminister
Manfred Kanther haben Bundestag und Bundesrat Mitte März zugestimmt. Demnach
müssen sich alle 800 000 Kinder aus Nicht-EU-Staaten innerhalb Deutschlands
eine Aufenthaltsgenehmigung verschaffen, um sich rechtmäßig in Deutschland
aufzuhalten. Kinder, die aus dem Ausland zu ihren in der Bundesrepublik
lebenden Eltern reisen, brauchen künftig ein Visum.
Eine Verschlechterung stellt dies vor allem für die rund 600 000 Kinder
aus ehemaligen Anwerbestaaten wie der Türkei und (Ex-)Yugoslawien dar.
Das Ausländergesetz erlaubte ihnen bisher, bis zum 16. Lebensjahr ohne
Genehmigung in Deutschland zu leben. Anschließend bekamen sie meist problemlos
eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung. Kanther hatte die Eilverordnung
am 14. Februar 1997 verkündet. MigrantInnenorganisationen, KirchenvertreterInnen,
Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbände hatten den SPD-dominierten Bundesrat
daraufhin aufgefordert, die Eilverordnung abzulehnen. Tatsächlich haben
nun auch zahlreiche SPD-Landesregierungen der Verordnung zur Mehrheit
verholfen, nachdem sie einige Schönheitskorrekturen anbringen konnten.
So sollen Kinder aus ehemaligen Anwerbestaaten "besonders unbürokratisch"
eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen. Sie haben nun bis Mitte 1998 Zeit,
sich diese Genehmigung zu besorgen -ein halbes Jahr länger als ursprünglich
geplant. Kinder, die im Ausland aufwachsen, deren Familien aber ganz oder
teilweise in Deutschland leben, sollen weiterhin nach den Regelungen des
Familiennachzugs (§§ 17 ff. Ausländergesetz) behandelt werden. Ferner
hat der Bundesrat die Bundesregierung aufgefordert, Kinderbesuche auch
dann zu ermöglichen, wenn die Eltern nur über wenig Wohnraum oder Einkommen
verfügen. Die Bundesregierung soll das Ausländergesetz entsprechend ergänzen.
Mit der neuen Regelung will die Bundesregierung den Kindern etwas Gutes
tun: Allzu oft seien sie durch die bisherige Regelung Opfer ihrer im Ausland
lebenden Eltern geworden. Diese hätten die Kinder oftmals gegen ihren
Willen zu Angehörigen nach Deutschland geschickt, um zur Schule zu gehen,
im Familienbetrieb mitzuarbeiten oder auch, um verheiratet zu werden.
Wenn sie dann mit 16 Jahren eine Aufenthaltserlaubnis benötigten, drohte
ihnen meist die Abschiebung.
Unbekannt ist bisher die Zahl der Kinder von illegal in Deutschland lebenden
Eltern. Allein in Hamburg wird sie auf mindestens 3000 geschätzt. Für
sie kann nur dann von einer Ausweisung abgesehen werden, wenn sie als
"ungewöhnlicher Härtefall" anzusehen sind.
Oliver Schilling, Bonn
Quellen und Literatur:
Tageszeitungen vom 13.-17.02. u. 15.03.1997; Der Spiegel 4/1997, 76 f.
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