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       Ist Plutonium giftiger als herkömmliche Sprengstoffe? - Wer diese Nachricht 
        über die deutschen Grenzen faxt, bekommt die Antwort womöglich vom Bundesnachrichtendienst 
        (BND). Denn der reagiert mit hochempfindlichen Antennen auf brisante Wörter 
        wie: Plutonium (Waffenschieber!), Gift (Drogenmafia!) und Sprengstoff 
        (Terrorismus!). Täglich überwacht er die Telekommunikationsverbindungen 
        ins Ausland - insbesondere Telefonate und Telefaxe. Zumindest bei letzteren 
        filtert die Botschaften dabei nach einer Hitliste von verdächtigen Schlüsselwörtern. 
         
        Bislang wird diese Praxis durch das Verbrechensbekämpfungsgesetz aus dem 
        Jahr 1994 gedeckt. Doch wurden im Dezember 1998 vor dem Bundesverfassungsgericht 
        mehrere Klagen verhandelt, die sich gegen dieses Gesetz richten. Ihr Einwand: 
        Mit der verdachtsunabhängigen Kontrolle der Telefon- und Faxanschlüsse 
        habe der Geheimdienst Überwachungsbefugnisse in einem Ausmaß erhalten, 
        gegen die sich selbst der vieldiskutierte große Lauschangriff ausnimmt 
        wie ein Waisenknabe.  
        Bei der mündlichen Gerichtsverhandlung fanden sich die Vertreter der Bundesregierung 
        und des BND in der absurden Lage, daß sie ihre staubsaugerartige Lauschpraxis 
        nur dadurch verteidigen konnten, daß sie sie herunterspielten: Nein, keinesfalls 
        würden alle internationalen Telekommunikationsverbindungen überwacht, 
        sondern nur die 10 %, die nicht über Kabel laufen. Von diesen etwa 800 
        000 Verbindungen täglich würden nur 15 000 tatsächlich beachtet, und von 
        denen wiederum "nur" 700 als verdächtig herausgefiltert. Ungefähr 20 dieser 
        Kontakte würden täglich auch gespeichert und ausgewertet. Nur in etwa 
        0,03 % der Fälle seien Informationen an die Strafverfolgungsbehörden weitergegeben 
        worden.  
        Trotz dieses relativ geringen Ertrages aber sei die verdachtsunabhängige 
        Kontrolle der Auslandskontakte für den Geheimdienst unverzichtbar, um 
        sich ein Bild von der Lage des weltweiten Verbrechens zu machen.  
        Nun ist es keineswegs erwiesen, daß der BND überhaupt jemals eine nennenswerte 
        Rolle bei der Vermeidung von Schmuggel- und Terroraktionen gespielt hätte. 
        Doch selbst bei wohlwollender Betrachtung ist nicht einzusehen, weshalb 
        der Geheimdienst beim Lauschen und Mitlesen nicht wenigstens denselben 
        Regeln unterworfen sein sollte wie Polizei und Justiz: konkreter Tatverdacht, 
        richterliche Anordnung und begrenzte Dauer (vgl. §§ 100 a ff. Strafprozeßordnung). 
        Schon dieser große Lauschangriff strapaziert die Grundrechte auf Privatsphäre, 
        Telefongeheimnis und Pressefreiheit über Gebühr. Man darf gespannt sein, 
        wie das Bundesverfassungsgericht zu dieser Frage steht. Einen Urteilstermin 
        hat es noch nicht bekanntgegeben. Es bleibt also noch Zeit, um sich dem 
        BND ins Gedächtnis zu rufen. Fax ins Ausland: Schlapphut! Laß mich deine 
        Heroine sein!  
      Plutonia Wapler, Göttingen  
      Quellen:  
      Tagespresse v. 16.12.1998; Der Spiegel v. 21.12.1998.  
         
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