Heft 3 / 2001:
Datenspuren
Überwachung in der digitalen Welt
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Bundesgerichtshof erlaubt Ortung mit Handy und GPS
 

Mit zwei Entscheidungen vom Anfang diesen Jahres eröffnete der Bundesgerichtshof (BGH) den Strafverfolgungsbehörden weitgehende Möglichkeiten, verdächtige Personen zu orten.
Nach einem Urteil vom 24.1.2001 kann unter den Voraussetzungen des § 100 c I Nr. 1 b Strafprozeßordnung (StPO) der Aufenthaltsort verdächtiger Personen mit Hilfe des satellitengestützten Navigationssystems GPS (Global Positioning System) ermittelt werden, indem ohne ihr Wissen ein GPS-Sender an ihrem Fahrzeug montiert wird. Durch die Auswertung der so gewonnenen Positionsdaten können Fahrbewegungen, Standorte und Standzeiten des Fahrzeugs lückenlos nachvollzogen werden. Bei Verdacht auf besonders schwere Straftaten soll sogar die Totalüberwachung einer Person, also die Kumulation von GPS-Ortung mit anderen Überwachungsmaßnahmen, zulässig sein. Im entschiedenen Fall wurde den Angeschuldigten vorgeworfen, als Mitglieder der Antiimperialistischen Zellen mehrere Sprengstoffattentate verübt zu haben, und deshalb Totalüberwachung sogar über längere Zeit als verhältnismäßig erachtet.
Nach einem Beschluß des BGH-Ermittlungsrichters vom 21.2.2001 umfaßt die Überwachung und Aufzeichnung von Telekommunikationsvorgängen gemäß §§ 100 a, b StPO auch die technisch notwendigen Positionsmeldungen nicht telefonierender Mobiltelefone. Zur Begründung wird auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowie die Neufassungen von § 206 Abs. 5 S. 2 und 3 Strafgesetzbuch und § 85 I Telekommunikationsgesetz verwiesen, wonach unter die Telefonüberwachung nach §§ 100 a, b StPO nicht nur Kommunikationsinhalte, sondern auch alle sonstigen Kommunikationsumstände fallen. Dazu gehören nach dem Beschluß auch die Positionsmeldungen von Handys, da Handys ohne diese nicht betriebsbereit sind.
MobilfunkbetreiberInnen sind deshalb verpflichtet, den Ermittlungsbehörden die Funkzelle mitzuteilen, in der sich das Handy gerade befindet. So kann der ungefähre Standort von HandybesitzerInnen ermittelt und relativ genaue Bewegungsprofile erstellt werden.
Voraussetzung für die Anordnung der Telefonüberwachung ist nach § 100 a StPO lediglich der einfache Verdacht einer der im (ziemlich weit gefaßten) Katalog genannten Straftaten. Die Ortung per Handy ist also - im Gegensatz zur GPS-Ortung - unter relativ geringen Anforderungen möglich.

Tanja Nitschke, Nürnberg.

Quellen:

Handyüberwachung: BGH, 2 BGs 42/01, vom 21.2.2001, www.hrr-strafrecht.de/hrr/2/01/bg2-42-01.php3
GPS-Ortung: BGH, 3 StR 324/00, vom 24.1.2001, www.hrr-strafrecht.de/hrr/3/00/3-324-00.php3