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  Karin Günther   Forum Recht Home
SPD und Bündnisgrüne wollen Sexualstrafrecht verschärfen   Heft 2/2003
Ohne Substanz
Drogenpolitik

Seite 65
 
 

Den strafrechtlichen Schutz von Kindern und behinderten Menschen gegen sexuellen Missbrauch zu verbessern, ist das erklärte Ziel eines Gesetzesentwurfs von SPD und Bündnisgrünen.Den strafrechtlichen Schutz von Kindern und behinderten Menschen gegen sexuellen Missbrauch zu verbessern, ist das erklärte Ziel eines Gesetzesentwurfs von SPD und Bündnisgrünen.
So soll der bestehende Strafrahmen bei sexuellem Missbrauch von Kindern (§ 176 Strafgesetzbuch, StGB) angehoben werden, wobei der Grundtatbestand jedoch weiterhin ein Vergehen bleibt. Auch in §§ 176a, 179, 174ff. StGB ist eine Anhebung des Strafrahmens vorgesehen. Des weiteren sind neue Straftatbestände geplant, so z.B. der einfache sexuelle Missbrauch ohne Körperkontakt (neuer § 176 Abs. 5 StGB) und ein eigener Tatbestand der Kinderpornographie (neuer § 184b StGB). Zudem soll durch Erweiterung des § 138 StGB zukünftig auch die Nichtanzeige eines bevorstehenden sexuellen Missbrauchs strafbar sein.
In der Strafprozessordnung (StPO) ist vorgesehen, durch eine Erweiterung des Katalogs in § 81g StPO die Möglichkeiten einer DNA-Analyse und -Speicherung auszudehnen.
Ein Gesetzesentwurf der CDU/CSU-Fraktion fordert darüber hinaus, sexuellen Missbrauch von Kindern generell als Verbrechen einzustufen und die Möglichkeit einer Sicherungsverwahrung i.S.v. § 66 StGB zu erweitern.

Kritische Reaktionen hat vor allem die geplante Anzeigepflicht hervorgerufen. Nach der Einschätzung von Kinderschutzorganisationen wird dies die Lage der betroffenen Kinder nicht verbessern bzw. nach Ansicht des Deutschen Richterbundes die Anzeigenquote eher nicht erhöhen. Die durch eine Anzeige in Gang gesetzte Dynamik strafrechtlicher Ermittlungen könnte zu einer Abschottung der betroffenen Familie führen und dadurch den Kindern sogar den Zugang zu Hilfe versperren. Auch die grundsätzliche Bereitschaft, sich Kindern als Vertrauensperson zur Verfügung zu stellen, werde womöglich durch die Anzeigepflicht vermindert. Der Deutsche Anwaltverein warnt vor einem Überwachungssystem, das Denunziationen Vorschub leisten würde.
Grundsätzlich begrüßt wird hingegen, dass nach dem Gesetzesentwurf von SPD/Bündnisgrünen der sexuelle Missbrauch nicht generell zum Verbrechenstatbestand erhoben werden soll. Denn dies hätte voraussichtlich vor allem für die Opfer negative Folgen, da es dann stets zu einer für die Kinder äußerst belastenden Hauptverhandlung käme.
Strafvorschriften kommen immer zu spät. Trotzdem ist das Schließen von bestehenden Strafbarkeitslücken nicht zu kritisieren, es bleibt jedoch fraglich ob die Anhebung von Strafrahmen sinnvoll ist, da von ihnen keinerlei Abschreckungswirkung ausgeht. Wichtiger als das Strafrecht ist im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch eine Gesellschaftspolitik, die die präventive Verhinderung solcher Taten zum Ziel hat. Dabei kommt es wiederum vor allem auf einen rationalen Umgang mit dem emotional sehr aufgeladenen Thema des Kindesmissbrauchs an.

Karin Günther, Göttingen

Quellen: Bundestags-Drucksachen 15/350, 15/29