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OVG Berlin hält an Meinungszensur fest   Heft 2/2004
freie Leere
Bildung für den Wettbewerb

Seite 66
 
 

Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der FU Berlin hat wegen "allgemeinpolitischer Betätigung und Unterstützung politischer Tätigkeit von Dritten" einen Rechtsstreit gegen einen Studenten im vorläufigen Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) verloren. Neben den inhaltlich haarsträubenden Vorwürfen gegen den AStA ist die Begründung des OVG bemerkenswert, welche die rechtliche Entwicklung sowohl im Hochschulrahmengesetz (HRG) wie im Berliner Hochschulgesetz (BerlHG) faktisch ignoriert.
Beide Gesetze wurden jüngst reformiert und dabei den Studierendenschaften umfangreichere Kompetenzen hinsichtlich der politischen Betätigung zugestanden, inkl. der Auseinandersetzung mit Menschenrechten, Toleranz und Ökologie, sowie der Auswirkungen der Wissenschaft auf die Gesellschaft. Damit war die alte Rechtsprechung zum angeblich nicht vorhandenen "politischen Mandat" der ASten obsolet geworden.

Dies hat das OVG - so kann man dem Urteil entnehmen - komplett verschlafen. Die Reformulierung der Gesetze, insbesondere der Normen zur Studierendenschaft, müsste nach dieser Logik nur zum Spaß der jeweiligen Gesetzgeber erfolgt sein Denn: Würden die Gesetzgeber die alte Gesetzeslage und die damit verbundene, äußerst gefestigte Rechtsprechung beibehalten wollen, dann hätten sie wohl kaum das HRG wie das BerlHG reformiert, sondern es schlichtweg in seinem alten Zustand belassen. Mit der Reformierung sollte aber gerade die politische Betätigung der ASten auf eine legale Basis gestellt werden. Zudem hat sich das OVG zu der weiteren entscheidenden Rechtsfrage, ob ein Student überhaupt von der Betätigung der Studierendenschaft in Grundrechten verletzt ist, nicht geäußert.
Die in dem Urteil gerügten Tatsachen, wie beispielsweise die Betätigung in einem studentischen Dachverband oder die Unterstützung von Aktivitäten zur Reform der JuristInnenausbildung stellen nach Ansicht des AStA FU im übrigen keine "allgemeinpolitische Betätigung" dar.
In einem Gespräch mit dem FU-AstA-Vorsitzenden Michael Hewener äußerte sich dieser folgendermaßen: "Dieses Urteil wirkt wie ein Relikt aus den 60er Jahren der Bundesrepublik. Damals versuchte man mit schlechten Argumenten die politische Betätigung der Studierendenschaften zu zensieren. Heute sind zumindest die Gesetzgeber von Berlin und des Bundes zu der richtigen Einsicht gekommen, dass der politischen Verantwortung angehender Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein großer Raum einzurichten ist. Wir mahnen die Richter, die sich mit dem Rechtsstreit in der Hauptsache befassen werden, die neue Rechtslage zur Kenntnis zu nehmen!"

Hans Gabriele, Berlin

Infos: www.astafu.de/aktuelles/archiv/a_2002/entry_28