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Hartz fear   Heft 3/2005
Hartz fear

Seite 74
 
 

Die Bundesrepublik Deutschland nimmt laut Artikel 20 Grundgesetz für sich in Anspruch, ein "sozialer" Bundesstaat zu sein. Zum Kernbereich dieses so genannten Sozialstaatsprinzips gehört die soziale Absicherung im Fall der Erwerbsunfähigkeit durch Alter, Krankheit, Invalidität und im Fall der Arbeitslosigkeit. Die Finanzierung dieses Sozialversicherungssystems ist aber schon seit längerer Zeit in akute Bedrängnis geraten. Mit der "Agenda 2010", die auch das Hartz-Konzept umfasst, versucht die Bundesregierung Abhilfe zu schaffen. Der diesem Umbau zugrunde liegende Trend ist deutlich: Sozialleistungen werden immer weiter eingeschränkt, Arme und Kranke unter Druck gesetzt.
Die möglichen Folgen einer solchen Politik sind abzusehen: Der neueste Armutsbericht der Bundesregierung belegt, dass schon jetzt die Armen ärmer und die Reichen reicher werden. "Während die unteren 50 Prozent der Haushalte nur über etwas weniger als 4 Prozent des gesamten Nettovermögens verfügen, entfallen auf die vermögendsten 10 Prozent der Haushalte knapp 47 Prozent." Der Anteil des obersten Zehntels sei bis 2003 gegenüber 1998 um gut 2 Prozent gestiegen. Die jüngsten Reformen wurden dabei noch nicht berücksichtigt.
Eine der Hauptursachen für Armut und soziale Ausgrenzung ist die Arbeitslosigkeit. Sozial gerechte Politik muss sich deshalb vorrangig an der Schaffung von Arbeitsplätzen und der Integration Erwerbsloser in den Arbeitsmarkt orientieren. Diesem Anspruch wird das vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ("Hartz IV") jedoch in keiner Weise gerecht.
Hauptbestandteil des Gesetzes ist eine Kürzung der staatlichen Leistungen in Gestalt der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Das bisherige Arbeitslosengeld, die Leistung zum Lebensunterhalt aus der Arbeitslosenversicherung, erhalten Arbeitslose nur noch maximal ein Jahr lang ("Arbeitslosengeld I"). Danach sinkt die staatliche Unterstützung auf Sozialhilfeniveau ("Arbeitslosengeld II"). Weitere Kürzungen drohen, wenn bei der Arbeitsagentur der Eindruck entsteht, die oder der Arbeitssuchende wolle die ihr oder ihm angebotene Arbeit nicht annehmen. Als zumutbar wird dabei grundsätzlich jede Arbeit angesehen.
Die neuen Regelungen im Sozialgesetzbuch II führen die Arbeitslosigkeit letztlich auf das persönliche Verschulden der Arbeitslosen zurück. Ein Blick in die Gesetzesbegründung bestätigt diesen Eindruck: Zentrale Forderung des neuen Leistungssystems ist "die Eigenverantwortung des Erwerbsfähigen, der alle Möglichkeiten nutzen und seine Arbeitskraft einsetzen muss, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten". Das aber ist angesichts der miesen Wirtschaftslage nicht nur unredlich, sondern auch verantwortungslos.