|   | 
     
       Mit Urteil vom 1. Juli 2005 hat das Amtsgericht Frankfurt am Main festgestellt, 
        dass die Initiative von "Libertad.de" und "sooderso.de" gegen das Abschiebegeschäft 
        des Lufthansakonzerns eine öffentliche Aufforderung zu Straftaten darstellt 
        und somit der Inhaber/die Inhaberin der beiden Internet-Domains zu einer 
        Geldstrafe in Höhe von 900 Euro zu verurteilen ist.  
        Der massenhafte Zugriff durch ca. 13.000 Online-DemonstrantInnen auf die 
        Internetseiten der Lufthansa AG am 22. Juni 2001 hatte zur Folge, dass 
        der Server die mehr als eine Million Anfragen nicht bearbeiten konnte 
        und zeitweise nicht mehr erreichbar war. Der Ausfall der Homepage ereignete 
        sich symbolträchtig während einer Aktionärsversammlung. 
        Nach Ansicht des Gerichts stellt diese Blockade eine Nötigung im Sinne 
        des § 240 Strafgesetzbuch dar. Die hierzu erforderliche Form von Gewalt 
        sieht das Gericht durch den Mausklick gegeben, welcher eine technische 
        Reaktion nach sich zieht. Aufgrund der geringen Kraftentfaltung, die aus 
        dem Klicken mit der Maus resultiert, zieht das Gericht den Vergleich mit 
        dem Abzug einer Waffe um die technisch verstärkende Wirkung zu erläutern. 
         
        Eine physische Zwangseinwirkung sei zwar nicht direkt gegen den Internet-User 
        als "Opfer" der Nötigung gerichtet, jedoch komme eine mittelbare Wirkung 
        in Betracht. Trotz der nicht gegebenen Wiederholungsgefahr sei auch die 
        Tatbestandsalternative der Drohung mit einem empfindlichen Übel zu Lasten 
        der Lufthansa gegeben. Somit hätten sich die Online-DemonstrantInnen der 
        Nötigung strafbar gemacht. 
        Die Verteidigung berief sich auf das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit 
        aus Art. 8 Grundgesetz (GG). Die Anwendung der Versammlungsfreiheit wurde 
        jedoch durch das Gericht abgelehnt. Eine Versammlung im Sinne des Art. 
        8 GG setze die körperliche Anwesenheit von Personen voraus, da diese untereinander 
        kommunizieren müssten, um ihre Meinung nach außen zu vermitteln. Auch 
        kam der Schutz der Meinungsfreiheit aus Art. 5 GG hier nicht zum Tragen, 
        da "nach dem Aufruf des Angeklagten die Ebene des Meinungskampfes verlassen 
        und die Ebene der Blockade im physischen Sinn beschritten werden." 
        Dieses erste Urteil zu einer politisch motivierten Protestaktion im Internet 
        macht deutlich, wie schwierig die Anwendung des Rechts auf die virtuelle 
        Welt des Internets ist. Da dieses Urteil nicht rechtskräftig ist - denn 
        die Verteidigung hat Sprungrevision eingelegt - bleibt abzuwarten, ob 
        die Anwendbarkeit der Meinungs- und Versammlungsfreiheit derart unberücksichtigt 
        bleiben kann. Hier ist vor allem der Gesetzgeber gefragt, die Grundrechte 
        an die "neuen" Situationen im Internet anzupassen. Der Aufruf zum elektronischen 
        zivilen Ungehorsam wird hoffentlich weitere NachahmerInnen finden. 
      Jens Pfanne, Münster  
       | 
      |