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Deutschland muss entschädigen!   Heft 4/2005
It's the equality, stupid!
Mit Recht gegen Diskriminierung

Seite 141
 
 

Am 28. Juli 2005 hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln als erstes bundesdeutsches Gericht im Grundsatz anerkannt, dass Opfer eines Kriegsverbrechens unter deutscher Beteiligung Entschädigungsansprüche gegenüber Deutschland geltend machen können.
Im Ergebnis hat das OLG Köln jedoch die Klage der überlebenden Opfer und Angehörigen der Toten des Bombenangriffs der NATO auf das serbische Dorf Varvarin zurückgewiesen (AZ. 7 U 8/04). Diese hatten Deutschland auf Schadensersatz verklagt, nachdem am 30. Mai 1999 NATO-Kampfjets die kleine und militärisch nutzlose Brücke des Ortes zerstört und dabei zehn Menschen getötet und 30 weitere zum Teil schwer verletzt hatten.
Das OLG Köln stellte in seinem Urteil zunächst klar, dass das deutsche Staatshaftungsrecht auch für kriegsbedingte Schädigungen angewandt werden kann. Allerdings hätten die KlägerInnen Deutschland keine völkerrechtswidrigen Handlungen nachweisen können, die sich als Pflichtverletzungen im Sinne der Amtshaftung nach § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und Artikel 34 Grundgesetz (GG) darstellten.
Deutschland, das maßgeblich den Entschluss zum Überfall auf Jugoslawien forcierte und sich dann militärisch durch Staffeln der Luftwaffe sowie durch Stabsoffiziere auf den verschiedenen Kommandoebenen der NATO engagierte, soll für das Kriegsverbrechen an Varvarin nicht mitverantwortlich sein und gesamtschuldnerisch haften müssen? Das Anwaltsteam der Klage legte anhand öffentlich zugänglicher Quellen dar, dass die deutschen Tornados im Zuge des integrierten Zusammenwirkens der NATO-Streitkräfte für jeden Angriffsflug die Zielaufklärung betrieben und die jugoslawische Luftabwehr bekämpften. Darüber hinaus wies es nach, dass es der Regierung jederzeit möglich war, ein politisches Veto gegen einzelne Ziele einzulegen, wenn sie mit deren Bombardierung einen Verstoß gegen das Kriegsvölkerrecht oder nationale Gesetze zu befürchten hatte.
Über die internen Vorgänge sowie die Einzelheiten der durchgeführten Militäroperationen des Bündnisses konnte indes nur die Bundesregierung selbst Auskunft geben. Wohlweislich unterließ sie es mit Hinweis auf Geheimhaltungsabkommen. Aber wie hätten die Opfer weitere Beweise über Tatsachen erbringen können, die der strengen Geheimhaltung der Militärallianz unterlagen? Diese Frage zur möglichen Umkehr der Beweislast ließ das Gericht unbeantwortet. Stattdessen erklärte es, die Bundesregierung habe ohnehin "ihre Kenntnis von der Aufnahme in die Ziellisten bzw. die Nichtausübung eines etwaigen Vetorechts unterstellt, darauf vertrauen können, dass ein möglicher künftiger Angriff in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht erfolgen werde."

Stephen Rehmke, Hamburg

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