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It's the equality, stupid!   Heft 4/2005
It's the equality, stupid!
Mit Recht gegen Diskriminierung

Seite 110
Mit Recht gegen Diskriminierung  
 

Seit fast 60 Jahren sind in Artikel 3 Grundgesetz (GG) die Gleichheit von Frauen und Männern sowie ein Verbot der Benachteiligung oder Bevorzugung aufgrund des Geschlechts, der "Rasse", der Sprache, der Heimat und Herkunft, des Glaubens sowie der religiösen und politischen Anschauungen festgeschrieben.
Dieses Grundrecht hat vor allem zum Abbau unmittelbarer Diskriminierungen beigetragen. Insbesondere Frauen benachteiligende Vorschriften wurden nach und nach abgeschafft. Bis heute gibt es jedoch zahlreiche Rechtsregeln, wie beispielsweise die Hartz-Gesetze, die Frauen faktisch diskriminieren und so dem eindeutigen Verfassungsauftrag entgegenlaufen.
Schlecht fällt die Bilanz von Artikel 3 GG aus, sobald die anderen dort aufgezählten Diskriminierungsmerkmale in den Blick genommen werden. Soziale Herkunft entscheidet über Bildungschancen, für AusländerInnen gelten Sondergesetze und homosexuelle Paare werden auf ein zweitklassiges Partnerschaftsrecht verwiesen.
Dennoch liegt der Schwerpunkt von Diskriminierungen heute im privaten Bereich. Sexistische und rassistische Witze am Arbeitsplatz, Wohnungen, die nicht an Homosexuelle, AusländerInnen oder Behinderte vermietet werden, Anweisungen, keine türkischen Frauen einzustellen, Klagen gegen "Lärm" von Menschen mit Behinderungen, Entlassungen von Menschen, die zum "alten Eisen" gehören, Zutrittsverweigerungen zu Diskotheken für Menschen mit dunkler Hautfarbe oder erhebliche Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen sind nur wenige Beispiele hierfür.
Insbesondere zur Beseitigung von Diskriminierungen im privaten Bereich hat die EU vier Antidiskriminierungsrichtlinien erlassen. Die Umsetzung dieser Richtlinien wird in Deutschland jedoch von vielen Seiten bekämpft, die Schaffung eines Antidiskriminierungsgesetzes bisher verhindert. Das ist nicht nur mit Blick auf die Geschichte Deutschlands äußerst peinlich. Der polemisch geführte Streit fördert zudem eine erhebliche Ignoranz gegenüber den zwingenden Vorgaben der Richtlinien sowie einschlägiger Verfassungsrechtsprechung zutage und ist mit einer zum Teil wohl bewussten Leugnung der Situation von Diskriminierungsopfern verbunden.
Auch nach einer Umsetzung der Richtlinien in ferner Zukunft werden allerdings keineswegs alle Fragen der Antidiskriminierungspolitik gelöst sein. Zum einen fehlt bislang ein konsistenter Umgang mit den Diskriminierungsmerkmalen, was ganz besonders an der schwierigen theoretischen Erfassung des Rassismus deutlich wird. Zum anderen erfordert die verstärkte Bekämpfung struktureller Diskriminierung, dass Diskriminierung als Massenphänomen erkannt und nicht länger als individuelles Problem behandelt wird.