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Widerruf einer Asylanerkennung   Heft 1/2006
Medien und Meinungsmacht

Seite 29
 
 

Der Widerruf einer Anerkennung als Asylberechtigte/r ist nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) grundsätzlich möglich und mit der derzeitigen Rechtslage vereinbar. Das hat das BVerwG mit Urteil vom 1. November 2005 (AZ: 1 c 21.04) entschieden. Gegenstand der Entscheidung war die Revision eines 1991 als asylberechtigt anerkannten Afghanen, der 1996 zu einer siebenjährigen Haftstrafe wegen Drogenhandels verurteilt worden war. Mit der Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung widerrief das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Asylanerkennung. Begründet wurde dies mit dem zwischenzeitlich erfolgten Regimewechsel in Afghanistan, so dass sich der Widerruf aus den damit nicht mehr vorhandenen Anerkennungsvoraussetzungen des § 73 Abs. 1 S. 1 Asylverfahrensgesetz ergebe. Eine zur Verfolgung fähige staatliche oder staatsähnliche Gewalt sei in Afghanistan nicht mehr vorhanden.
Mit seiner Entscheidung hat das BVerwG die seit Jahren stetig ansteigende von Menschenrechtsorganisationen zu Recht kritisierte Praxis des Asylwiderrufs durch Ausländerbehörden rechtlich legitimiert. Nach der sog. "Wegfall-der-Umstände-Klausel" des Art. 1c Nr.5 Genfer Flüchtlingskommission könne die betroffene Person es dann nicht ablehnen, den Schutz des Landes, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, in Anspruch zu nehmen, "wenn sich die zum Zeitpunkt der Anerkennung maßgeblichen Verhältnisse erheblich und nicht nur vorübergehend so verändert haben, dass eine für die Flucht maßgeblichen Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist und nicht aus anderen Gründen erneut Verfolgung droht".
Damit knüpft das BVerwG zwar punktuell an die vom UNHCR aufgestellten Richtlinien an und weist zudem auf die seit dem 1. Januar 2005 verbindlich geltende Prüfungspflicht nichtstaatlicher Verfolgung (vgl. § 60 Abs. 1 S. 4 Aufenthaltsgesetz) hin, berücksichtigt aber weitere entscheidende (ebenfalls vom UNHCR aufgestellte) Kriterien, wie die Menschenrechtslage und eine funktionierende Regierungs-, Verwaltungs- und Infrastruktur ausdrücklich nicht als Voraussetzung für einen wirksamen Widerruf. Hierin würden sich vielmehr allgemeine Gefahren verwirklichen, die einem Widerruf nicht entgegen stünden. Sollte jedoch eine Rückkehr tatsächlich unzumutbar sein, könne der betroffenen Person "Schutz" durch das deutsche Aufenthaltsgesetz gewährt werden. Hierbei handelt es sich aber in der Mehrzahl der Fälle um Ermessenentscheidungen der zuständigen Behörden (§ 60a Aufenthaltsgesetz). Die wiederum haben allerdings als Teil der rassistischen Abschiebepraxis eine ganz eigene Auslegung der "Schutzvorschriften": Im Jahr 2004 standen einer Anzahl von 17.000 Widerrufen gerade mal 2076 Anerkennungen gegenüber.

Petra Dervishaj/Cornelia Böther, Hamburg