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Das Landgericht (LG) Lüneburg hat in seiner Entscheidung vom 06. September
2005 (26 Qs 192, 193 / 05 ) einen vom Amtsgericht (AG) Dannenberg erlassenen
Durchsuchungsbefehl für die Wohnung von zwei Atomkraftgegnern aus Göhrde
für rechtswidrig erklärt und somit der Beschwerde der Beschuldigten stattgegeben.
Die Räumlichkeiten der Aktivisten aus dem Wendland waren wegen des Verdachts
der Aufforderung zu einer Straftat gemäß § 111 StGB durchsucht worden.
Grundlage für die Durchsuchung war die Ankündigung eines YOMANGO-Workshops
im Rahmen einer Veranstaltungsreihe auf der Homepage der Aktivisten gewesen.
Aus der Tatsache, dass es sich bei dem Begriff "YOMANGO" um eine umgangssprachliche
spanische Formulierung für "ich stehle" handelt, hatten sowohl die Polizei
als auch der zuständige Richter des AG Dannenberg einen Verdacht der Aufforderung
zu einer Straftat abgeleitet. Das LG Lüneburg stellte nun klar, dass im
vorliegenden Fall die in §§ 102 StPO, 111 I StGB geforderten Anhaltspunkte
zur Begründung einer Hausdurchsuchung zu keiner Zeit vorlagen. Für einen
Anfangsverdacht gemäß § 111 I StGB ist es erforderlich, dass zureichende
tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Verdächtige zu einer
bestimmten kriminellen Tat aufgerufen oder aufgefordert hat. Es sei aber
im vorliegenden Fall weder ersichtlich gewesen, wo und wann etwas geklaut
werden sollte, noch ob es überhaupt zu einem Diebstahl kommen sollte,
so die urteilenden Richter der Beschwerdeinstanz. Eine ausreichende Konkretisierung
habe folglich nicht vorgelegen. Zudem habe die Hausdurchsuchung einen
Tag nach der fraglichen Veranstaltung stattgefunden, eine derartige Diebstahlsaktion
sei aber nirgendwo in der Gegend gemeldet worden. Trotzdem wurden Computer
und Unterlagen der Aktivisten beschlagnahmt.
Wie konnten sich aber sowohl die Polizei als auch das zuständige AG aus
einer derart unkonkreten Ankündigung den Verdacht der Aufforderung zu
einer Straftat als Grundlage für eine Hausdurchsuchung zusammenreimen?
Diese Frage wird wohl nicht mehr geklärt werden. Dabei handelt es sich
nicht um den ersten derartigen Vorfall. Auch in Göttingen wurde vor kurzer
Zeit ein Atomkraftgegner auf Grund von zweifelhaften Verdachtsmomenten
über Wochen hinweg durch ein mobiles Einsatzkommando der Polizei überwacht.
Auch hier konnte im Nachhinein niemand mehr die Verdachtsmomente gegen
den Studenten erklären. Die Betroffenen aus Göhrde werden nun die bei
ihnen beschlagnahmten Gegenstände zurückerhalten. Sie haben mit ihrer
Beschwerde zwar Recht erhalten, den durch die Durchsuchung entstandenen
Schaden an ihren Persönlichkeitsrechten und ihrer Intimsphäre wird ihnen
aber wohl keiner ersetzen können. Bleibt die Hoffnung, dass derartige
Fälle nicht ständige Praxis werden.
Rasmus Kahlen, Göttingen
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