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Vorsicht, YOMANGO!   Heft 1/2006
Medien und Meinungsmacht

Seite 30
 
 

Das Landgericht (LG) Lüneburg hat in seiner Entscheidung vom 06. September 2005 (26 Qs 192, 193 / 05 ) einen vom Amtsgericht (AG) Dannenberg erlassenen Durchsuchungsbefehl für die Wohnung von zwei Atomkraftgegnern aus Göhrde für rechtswidrig erklärt und somit der Beschwerde der Beschuldigten stattgegeben.
Die Räumlichkeiten der Aktivisten aus dem Wendland waren wegen des Verdachts der Aufforderung zu einer Straftat gemäß § 111 StGB durchsucht worden. Grundlage für die Durchsuchung war die Ankündigung eines YOMANGO-Workshops im Rahmen einer Veranstaltungsreihe auf der Homepage der Aktivisten gewesen. Aus der Tatsache, dass es sich bei dem Begriff "YOMANGO" um eine umgangssprachliche spanische Formulierung für "ich stehle" handelt, hatten sowohl die Polizei als auch der zuständige Richter des AG Dannenberg einen Verdacht der Aufforderung zu einer Straftat abgeleitet. Das LG Lüneburg stellte nun klar, dass im vorliegenden Fall die in §§ 102 StPO, 111 I StGB geforderten Anhaltspunkte zur Begründung einer Hausdurchsuchung zu keiner Zeit vorlagen. Für einen Anfangsverdacht gemäß § 111 I StGB ist es erforderlich, dass zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Verdächtige zu einer bestimmten kriminellen Tat aufgerufen oder aufgefordert hat. Es sei aber im vorliegenden Fall weder ersichtlich gewesen, wo und wann etwas geklaut werden sollte, noch ob es überhaupt zu einem Diebstahl kommen sollte, so die urteilenden Richter der Beschwerdeinstanz. Eine ausreichende Konkretisierung habe folglich nicht vorgelegen. Zudem habe die Hausdurchsuchung einen Tag nach der fraglichen Veranstaltung stattgefunden, eine derartige Diebstahlsaktion sei aber nirgendwo in der Gegend gemeldet worden. Trotzdem wurden Computer und Unterlagen der Aktivisten beschlagnahmt.
Wie konnten sich aber sowohl die Polizei als auch das zuständige AG aus einer derart unkonkreten Ankündigung den Verdacht der Aufforderung zu einer Straftat als Grundlage für eine Hausdurchsuchung zusammenreimen? Diese Frage wird wohl nicht mehr geklärt werden. Dabei handelt es sich nicht um den ersten derartigen Vorfall. Auch in Göttingen wurde vor kurzer Zeit ein Atomkraftgegner auf Grund von zweifelhaften Verdachtsmomenten über Wochen hinweg durch ein mobiles Einsatzkommando der Polizei überwacht. Auch hier konnte im Nachhinein niemand mehr die Verdachtsmomente gegen den Studenten erklären. Die Betroffenen aus Göhrde werden nun die bei ihnen beschlagnahmten Gegenstände zurückerhalten. Sie haben mit ihrer Beschwerde zwar Recht erhalten, den durch die Durchsuchung entstandenen Schaden an ihren Persönlichkeitsrechten und ihrer Intimsphäre wird ihnen aber wohl keiner ersetzen können. Bleibt die Hoffnung, dass derartige Fälle nicht ständige Praxis werden.

Rasmus Kahlen, Göttingen