xxx

  Tobias Mushoff   Forum Recht Home

 

Grenzen des Einsatzes verdeckter ErmittlerInnen   Heft 1/2006
Medien und Meinungsmacht

Seite 31
 
 

In seiner Entscheidung vom 6. Juli 2005 hat das Verwaltungsgericht (VG) Freiburg dem Einsatz verdeckter ErmittlerInnen verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt. Verdeckte ErmittlerInnen sind PolizeibeamtInnen, die unter einer falschen Identität versuchen, in bestimmte "kriminelle" Szenen hineinzugelangen, um auf diese Weise Informationen auszuspionieren. Im konkreten Fall wurde der verdeckte Ermittler zur "Aufhellung des militanten autonomen Spektrums sowie des RAF-Umfelds" in Freiburg 1991 eingesetzt. Er hatte sich mit dem bei einer Hilfsinitiative für politische Gefangene aktiven Kläger angefreundet und war zu ihm in seine WG gezogen. Der Betroffene sollte als "Kontaktperson" zur linken Szene ausgeforscht werden. Nachdem in Tübingen zwei verdeckte Ermittler enttarnt worden waren, brach der verdeckte Ermittler den Kontakt zum Kläger ab und verschwand. Dem misstrauisch gewordenen Kläger gegenüber hatte das Landeskriminalamt erst nach jahrelangen verwaltungsgerichtlichen Auseinandersetzungen im März 2003 mitgeteilt, auch er sei von verdeckten Ermittlungen betroffen gewesen, Dauer und Umfang der Datenerhebung seien aber nach Datenlöschung nicht mehr feststellbar. Darauf klagte der Betroffene auf nachträgliche gerichtliche Feststellung, dass der Einsatz rechtswidrig gewesen sei.
Das VG gab dem Kläger recht. Der Einsatz des verdeckten Ermittlers sei im konkreten Fall wegen mangelnder Bestimmtheit rechtswidrig gewesen. Es könne dahin stehen, ob die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage im Landespolizeigesetz zum Einsatz verdeckter ErmittlerInnen wegen der Unbestimmtheit des Begriffs "Kontaktperson" verfassungswidrig sei, jedenfalls sei der Einsatz des verdeckten Ermittlers im konkreten Fall wegen mangelnder Bestimmtheit rechtswidrig gewesen. Der Anordnung sei nicht zu entnehmen, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Anordnung zumindest als Kontaktperson individuell als Ziel feststellbar gewesen sei. Eine solche Präzisierung sei aber erforderlich. Das VG Freiburg hat damit der verbreiteten polizeilichen Praxis, ohne konkrete Verdachtsmomente ganze politische Szenen zu durchleuchten, rechtsstaatliche Grenzen gesetzt.
Das fragwürdige Instrument der verdeckten ErmittlerInnen bedarf jedoch in Zukunft einer grundsätzlicheren Erörterung: Zu klären ist, welche verfassungsrechtlichen Grenzen sich beim Einsatz verdeckter ErmittlerInnen im Hinblick auf die Privatsphäre der Betroffenen ergeben. Geklärt werden muss auch, wie erreicht wird, dass verfassungsrechtlich geschützte Verfahrensprinzipien wie der "nemo tentur"-Grundsatz nicht durch den Einsatz verdeckter ErmittlerInnen zur Farce werden. Der Einsatz verdeckter ErmittlerInnen wird die Bürgerrechtsbewegung auch in Zukunft beschäftigen.

Tobias Mushoff, Bielefeld