xxx

  Annelie Kaufmann/Tim Ackermann/Matthias Lehnert   Forum Recht Home

 

Keine Videoüberwachung an der Uni Münster!   Heft 2/2006
Zwischen Wir und Ich:
Europäische Idee und nationale Interessen
Seite 65
 
 

Die Universität Münster wird an ca. 30 Standorten durch etwa 65 Videokameras überwacht, unter anderem in der Bibliothek, einem Arbeitsraum und verschiedenen Computerpools. Diese Maßnahmen sind datenschutzrechtlich unzureichend abgesichert. Drei Studierende haben daher Ende Februar vor dem Verwaltungsgericht Münster ihre Klage gegen die Universität eingereicht, um ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung geltend zu machen.
Seit November 2004 bemüht sich das Referat für politische Bildung/Demokratische Rechte des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) darum, die Universität zur Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu bewegen. Während einer vom AStA und den Kritischen JuristInnen Münster veranstalteten Aktionswoche im Juni 2005 wurde deutlich, dass die Überwachung den Studierenden zumeist völlig unbekannt, und zudem nicht - wie gerne von universitärer Seite suggeriert - allen gleichgültig oder im Namen der Sicherheit zu rechtfertigen ist. Dennoch war die Verwaltung zu keiner Bewegung bereit, sondern beruft sich seit jeher gebetsmühlenartig auf die Prävention von Diebstählen, sonstigen Eigentumsverletzungen und gewalttätigen Übergriffen auf Studierende. Im Oktober 2005 erklärte die nordrhein-westfälische Datenschutzbeauftragte, Bettina Sokol, dass sie die Zulässigkeit der einzelnen Videoüberwachungsanlagen der Hochschule aus Sicht des Datenschutzes noch nicht abschließend zu beurteilen vermag. Ihrer ausdrücklichen Empfehlung, die Videoüberwachung bis zu einer abschließenden Klärung der Rechtmäßigkeit auszuschalten, kam die Universität nicht nach. "Wenn wir uns an der Universität bewegen, sind wir täglich Eingriffen in unsere Grundrechte ausgesetzt. Wir sehen die Klage als unser letztes Mittel, unsere Rechte zu wahren", so Annelie Kaufmann, eine der KlägerInnen.
Videoüberwachung ist eine fragwürdige Methode, um vermeintliche Sicherheit herzustellen. Sie greift massiv in Grundrechte ein, und kann direkt weder einem Opfer helfen, noch Straftaten verhindern. Sie setzt die Unschuldsvermutung faktisch außer Kraft und führt zu einer Kultur der Kontrolle, welche einer Demokratie nicht förderlich ist. "Scheinbar konnten wir kaum eine Sensibilisierung der Universität für die gesellschaftliche und individuelle Relevanz dieses Themas erreichen. Deshalb halten wir diese Klagen für unterstützenswert und notwendig, um den Studierenden ihr informationelles Selbstbestimmungsrecht zu garantieren", so der Referent für politische Bildung/Demokratische Rechte, Tim Ackermann.
Das Urteil wird landesweite Auswirkung haben, da es bisher keine gerichtliche Entscheidung über die Videoüberwachung öffentlicher Gebäude zum Landesrecht Nordrhein-Westfalens gibt.

Annelie Kaufmann/Tim Ackermann/Matthias Lehnert, Münster