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Bundesarbeitsgericht kippt Hartz-Klausel   Heft 3/2006
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Kriminalpolitik
Seite 104
 
 

Das Bundesarbeitsgericht hatte am 26. April 2006 erstmals über die Wirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrages zu entscheiden, die von einem Arbeitgeber allein auf § 14 Abs. 3 Satz 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) gestützt wurde. Es ging um einen 56-jährigen Arbeitnehmer, der als Aushilfe in der Produktion beschäftigt war. Er bekam seit längerer Zeit befristete Arbeitsverträge, wogegen er schließlich klagte. Die Vorinstanzen wiesen seine Klage unter Berufung auf § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG ab. Der siebte Senat des Bundesarbeitsgerichtes gab der Befristungskontrollklage des Klägers dagegen statt. Er folgte damit der Rechtssprechung des europäischen Gerichtshofes und kippte die Hartz-Klausel des § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG.
Befristungen von Arbeitsverträgen sind nach § 14 Abs. 1 TzBfG grundsätzlich zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sind. Hierzu gibt es Ausnahmen. Wenn z. B. eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 58. Lebensjahr schon vollendet hat, ist ein befristetes Arbeitsverhältnis ohne sachlichen Grund zulässig, wenn zu einem vorhergehenden unbefristeten Arbeitsvertrag mit derselben Arbeitnehmerin oder demselben Arbeitnehmer kein enger sachlicher Zusammenhang besteht (§ 14 Abs. 3 Satz 1 und 2 TzBfG). Im Zuge der Hartz-I-Reform wurde diese Altersgrenze bis zum 31. Dezember 2006 auf 52 Jahre herabgesenkt (§ 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG).
Am 22. November 2005 entschied der europäische Gerichtshof, dass die nach § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG vorgesehene Befristungsmöglichkeit eine nach Gemeinschaftsrecht unzulässige Diskriminierung wegen des Alters darstellt und die Vorschrift von den nationalen Gerichten nicht angewendet werden darf. Sachgrundlose Befristungen, die vor der Entscheidung des europäischen Gerichtshofes auf § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG gestützt wurden, sind ebenso unwirksam.
Arbeitgeber können sich bei den bis zur Entscheidung des europäischen Gerichtshofs abgeschlossenen Arbeitsverträgen also nicht darauf berufen, auf die Gültigkeit der Klausel vertraut zu haben. Die Entscheidung über den sich aus Gemeinschaftsrecht ergebenden Vertrauensschutz ist dem Europäischen Gerichtshof vorbehalten. Dieser hat die Unanwendbarkeit von § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG in zeitlicher Hinsicht nicht begrenzt. Hieran sind die nationalen Gerichte gebunden. Dadurch, dass die Vereinbarkeit der Norm mit Gemeinschaftsrecht im arbeitsrechtlichen Schrifttum bereits seit ihrem In-Kraft-Treten in Zweifel gezogen wurde, können Arbeitgeber auch im nationalen Recht keinen Vertrauensschutz beanspruchen.

Falko Behrens, Berlin