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Die von der Polizei im Vorfeld des G8-Gipfels verhängte Meldeauflage
für einen Berliner Globalisierungsgegner war rechtmäßig. Die RichterInnen
des Berliner Oberverwaltungsgerichts (OVG) sahen es als erwiesen an, dass
der Kläger zur Zeit des G8-Gipfels fest "in der linksextremistischen Szene
verwurzelt und zur Durchsetzung seiner Ziele auch nicht vor Gewalt gegen
Personen oder Sachen zurückgeschreckt" sei. Überdies agiere der Kläger
bei seinem politischen Engagement ortsungebunden, was sich daraus ergebe,
dass er vier Jahre zuvor an einer Autobahnblockade außerhalb von Berlin
teilgenommen habe.
Da auch für den G8-Gipfel in Genua auf Grund der Mobilisierung linksextremistischer
Gruppierungen militante Aktionen seitens der Globalisierungsgegner erwartet
wurden, hatte der Berliner Polizeipräsident mit Bescheid vom 11. Juli
2001 verfügt, dass der Kläger sich in der Zeit vom 15. Juli 2001 bis zum
22. Juli 2001 täglich unter Vorlage seines Personalausweises auf der Wache
des Polizeiabschnitts 31 in Berlin zu melden habe. Für den Fall der Zuwiderhandlung
war ein Zwangsgeld in Höhe von 2000 DM angedroht worden.
Zur Begründung der Maßnahme griff die Behörde auf die strafrechtliche
Vorgeschichte des Klägers zurück. Diese bestand im Wesentlichen aus zwei
Vorfällen, für die der Kläger jeweils zur Ableistung von Arbeitsstunden
verurteilt worden war. Dabei hatte es sich zum einen um eine Sachbeschädigung,
bei der ein Kriegerdenkmal mit Farbe beschmiert worden war, und zum anderen
um Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung als Folge einer tätlichen
Auseinandersetzung mit einem Neonazi gehandelt. Alle anderen gegen den
Kläger eingeleiteten Ermittlungsverfahren waren mangels Vorsatz oder Tatverdachtes
nicht zur Anklage gekommen.
Die strafrechtliche Vorgeschichte vermittelt zwar im Gesamteindruck das
Bild eines politischen Aktivisten, dennoch handelt es sich bei den vorliegenden
Vorstrafen weder um schwere Straftaten, noch um typische, aus Demonstrationen
heraus begangene Verstöße. Bemerkenswert ist, dass sowohl von Seiten der
Behörde als auch durch die Verwaltungsgerichte die allesamt eingestellten
Verfahren wegen Verstößen gegen das Versammlungsrecht in die Gefahrenprognose
für den Kläger bei politischen Versammlungen mit einbezogen wurden. Die
generelle Unschuldsvermutung fand im Hinblick auf die Meldeauflage offenbar
keine Anwendung.
Die Bestätigung der Meldeauflage durch beide Instanzen ist besonders im
Hinblick auf die immer stärkere Aushöhlung des Versammlungsrechts als
besorgniserregend einzuschätzen. Sollte diese Form staatlicher Repression
sich weiter verschärfen, droht die faktische Abschaffung des Grundrechts
auf Freizügigkeit und der Demonstrationsfreiheit.
Rasmus Kahlen, Göttingen
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