xxx

  Forum Recht Redaktion   Forum Recht Home

 

Ausschließen durch Einschließen   Heft 3/2006
Ausschließen durch Einschließen:
Kriminalpolitik
Seite 74
Kriminalpolitik  
 

"Sozialpolitik ist die beste Kriminalpolitik", erklärte zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Aufklärer und Strafrechtsreformer Franz von Liszt. Während in den 1960er und 1970er Jahren, mit einiger Verspätung, aber dennoch in Liszts Sinne, Strafen gemildert oder ganz gestrichen wurden, geht die Entwicklung heute geradewegs in die Gegenrichtung. "Strafe und Strafrecht haben Konjunktur", stellt der Verfassungsrichter Winfried Hassemer fest. Das Strafrecht ist seit Beginn der 1990er Jahre ausschließlich verschärft worden. Aber nicht nur die Strafen, auch die Mittel zu deren Durchsetzung werden wieder härter. Seit 2001 verstärkt eine Reihe von "Sicherheitspaketen" die Eingriffsbefugnisse des Staates zu Lasten der Bürgerrechte. Daneben zeigt eine Serie neuer Landespolizeigesetze die derzeit bevorzugte Strategie in der Prävention auf: Die Länder setzen auf die Aufrüstung der Polizei. Der politische Rückenwind aus der Bevölkerung ist ihnen dabei sicher. Die Öffentlichkeit scheint gar nicht genug kriegen zu können vom Bestrafen.

Besonders deutlich zeigt sich dies an der aktuellen Diskussion um den Strafvollzug. Das Ziel der Resozialisierung - also die Botschaft an GesetzesbrecherInnen, dass sie nicht dauerhaft aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden sollen - wird offen in Frage gestellt.
Gleichzeitig entstehen durch Entwicklungen im öffentlichen Raum neue Ausschlusskriterien. Wo sich öffentliche und private Sphäre zunehmend überlappen, ist auch der ungestörte Konsum ein Ziel neuer Sicherheitsstrategien. Wer nicht mitmacht, stört.
Eine bestimmte Gruppe leidet im Sicherheitsdiskurs nach wie vor unter besonderer Aufmerksamkeit. MigrantInnen in Deutschland, deren Situation ohnehin bereits durch Ausschluss von gesellschaftlichen Privilegien gekennzeichnet ist, stehen erneut im besonderen Fokus.
Die aktuelle Diskussion um aktive Sterbehilfe wirft schließlich grundsätzliche Fragen auf. Wir widmen uns der Diskussion in diesem Heft mit zwei Artikeln, die auf gegensätzliche Weise Stellung beziehen. Diese Debatte soll auch eine Einladung für weitere Diskussionsbeiträge in ForumRecht sein.