Heft 4 / 2001:
grenzenlos beschränkt
MigrantInnenpolitik in BRD und Europa
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BGH entscheidet für und gegen Schill
 

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seiner Entscheidung vom 04. September 2001 das Urteil gegen den Hamburger Richter Ronald B. Schill aufgehoben und an eine andere Kammer des Landgerichts (LG) Hamburg zurückverwiesen. Schill war von diesem wegen Rechtsbeugung zu einer Geldstrafe von DM 12.000 (120 Tagessätze à DM 100) verurteilt worden. Er hatte im Oktober 1999 eine Haftbeschwerde zweier während einer Verhandlung in Ordnungshaft genommener Personen mehrere Tage nicht bearbeitet. Gegen das Urteil des LG Hamburg war von beiden Seiten Revision eingelegt worden: Während die Staatsanwaltschaft auch eine Verurteilung wegen Freiheitsberaubung erreichen wollte, plädierte Schill auf Freispruch.

In der Begründung ließ der BGH verlauten, dass das LG Hamburg Schill nicht den Vorsatz bezüglich einer längeren Inhaftierung ausreichend nachgewiesen habe. Ebenso liege kein elementarer Verstoß gegen die Rechtsordnung vor. Auf der anderen Seite wurde Schill jedoch Überheblichkeit gegenüber anderen Organen der Rechtspflege vorgeworfen. Zudem wäre eine schnellere Bearbeitung der Sache wünschenswert gewesen.

Die Entscheidung wurde im Vorfeld von heftigen Spekulationen begleitet. Das Zustandekommen einer mündlichen Verhandlung vor dem BGH wurde als Uneinigkeit innerhalb des 5. Strafsenats des BGH interpretiert. Generalbundesanwalt Kay Nehm hingegen hatte schon im Juni beantragt, Schill vom Vorwurf der Rechtsbeugung freizusprechen. Schill selbst hatte nach der Verurteilung durch das LG Hamburg von einem "Komplott" der rot-grünen Regierung in Hamburg gesprochen, die versuche, ihn auf diese Weise als politischen Gegner auszuschalten. Schill hat in jüngster Zeit als Anführer der "Partei Rechtsstaatlicher Offensive" mit rechtspopulistischen Thesen zur Wahl in Hamburg auf sich aufmerksam gemacht. Schon vorher war er als Strafrichter für seine oftmals überzogenen und harten Urteile - die ihm den Beinamen "Richter Gnadenlos" eingebracht hatten - stark kritisiert worden.

Auch die Reaktionen auf die Entscheidung des BGH waren sehr unterschiedlich. Während Schill das Urteil als einen "Zwischensieg" ansah, wurde von anderer Seite der nicht erfolgte Freispruch und die Rückverweisung zur erneuten Entscheidung als Erfolg gewertet. Der Beginn dieses Prozesses vor dem LG Hamburg wird frühestens Ende diesen Jahres erwartet. Zu diesem Zeitpunkt könnte Schill, der Ende September mit über 19 % der Stimmen in die Hamburger Bürgerschaft einzog, schon einer Verurteilung entzogen sein, sofern er - was nach der Hamburger Verfassung erforderlich ist - erfolgreich einen Antrag auf Immunität stellt. Ob das wünschenswert ist, erscheint sehr fraglich.

Kawus Klapp, Hamburg

Quelle:

BGH 5 StR 92/01, www.hrr-strafrecht.de/hrr/5/01/5-92-01.php3