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"Gedanken aus der Geschäftswelt zur Verschlankung der Regierung" 1   Heft 1/2006
Medien und Meinungsmacht

Seite 24-28
Die Privatisierung von Sicherheit und Verteidigung durch das weltweite Auftreten von Private Military und Security Companies und ihre Ausmaße  
 

 

[S. auch die ergänzenden Informationen "Zum Beispiel Irak - PMCs im Irak".]

Ihre Loyalität ist äußert fragwürdig, ihr Interesse an einer baldigen Konfliktlösung läuft aus wirtschaftlichen Überlegungen gen Null. Private Sicherheits- und Militärunternehmen schützen sowohl Staatsbedienstete als auch Wirtschaftsunternehmen. Sie bilden Rebellen aus, kümmern sich um Logistik und Waffensysteme, nehmen an Kampfhandlungen teil und geben vor, zur Lösung von Konflikten beizutragen. Sie handeln dabei nach eigenen Maßregeln. Ihr Selbstbewusstsein ist immens. Einer der größten privaten Militärdienstleister Blackwater aus den USA hält sich für "the most comprehensive professional military, law enforcement, security, peacekeeping, and stability operations company in the world"2. Sowohl die völkerrechtliche Einordnung als Kriegsakteure als auch eine mögliche internationale Regulierung oder Kontrolle dieser Unternehmen sind bislang noch nicht geklärt.

Ein neuer Markt entsteht

Die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit und die Verteidigung gegen externe Bedrohungen ist nach traditionellem westlichem Verständnis eine der ureigensten Aufgaben eines Staatswesens. Das Ende des "Kalten Krieges", der Abbau von Militärpersonal und neokonservative sowie neoliberale Tendenzen mit dem Ziel der Privatisierung führten jedoch zur Verlagerung von Verantwortlich- und Zuständigkeiten. Ein prägendes Element der bewaffneten Konflikte der jüngsten Zeit ist die Erweiterung des Kreises der am Konflikt beteiligten Akteure. Spätestens seit dem 11. September 2001 boomt der Markt für private Sicherheits- und Militärdienstleistungen.
Bereits 1989 wurde in Südafrika das Unternehmen Executive Outcomes (EO) gegründet. Der erste große Auftrag kam von einer Ölgesellschaft in Angola. Das Unternehmen half dabei, die von der Unabhängigkeitsbewegung Unita besetzten Ölfelder von Soyo zurückzuerobern. Die angolanische Regierung schloss daraufhin mit dem Unternehmen einen Vertrag über Training und Ausrüstung der Armee, Planung von Militäroperationen etc. für 140 Mio. US - Dollar ab. 1995 führte EO in Sierra Leone die Wende im Bürgerkrieg herbei. Eine von ihr ausgebildete Eliteeinheit eroberte die Umgebung der Hauptstadt und eines der wichtigsten Diamantenfelder zurück, fungierte dann als Schutztruppe bei den Wahlen und machte sich zuletzt sogar um "humanitäre" Einsätze verdient. Seitdem ist Afrika einer der häufigsten Einsatzorte für derartige Unternehmen.

Die neuen Akteur

Diese Unternehmen werden überwiegend als Private Military Companies (PMCs) und Private Security Companies (PSCs) bezeichnet. In erster Linie handelt es sich bei ihnen um registrierte, oft transnationale Unternehmen. Sie verfügen damit über eine eigene Rechtspersönlichkeit, welche wirtschaftlich agiert und Dienstleistungen anbietet, für deren Ausführung sie Personal anstellt. Außerdem haben sie einen festen MitarbeiterInnenstamm und agieren in verschiedenen Geschäftszweigen. Sie geben sich seriös und gesetzestreu. Sie sind hybride Geschöpfe, indem sie die Unterscheidung zwischen zivilem und militärischem, privatem und öffentlichem Sektor verwischen3.
Die privaten Sicherheitsunternehmen (PSC) bieten eher defensive Leistungen an, wie zum Beispiel den Schutz von Personen und Objekten oder den Verkauf von Sicherheitstechnik. Inzwischen gibt es einen internationalen Markt für Schutz- und Überwachungsdienstleistungen. Neben Südafrika und den USA hat Israel weltweit die höchste Dichte an Sicherheitspersonal. Die dortigen Marktführer Haschmira und Modi'in Ezrachi haben mehrere tausend Beschäftigte. Die meisten Firmen werden von ehemaligen Angehörigen des israelischen Militärs und der staatlichen Sicherheitsagenturen betrieben.
Die privaten Militärunternehmen (PMC) dagegen bieten offensive Leistungen mit militärischen Elementen an. Dies kann sowohl das Training, die Ausbildung als auch eine strategische Beratung im Hinblick auf Kampfeinsätze beinhalten. Man kann sie grob in drei Gruppen einteilen4: es gibt PMC, die direkt auf dem Schlachtfeld intervenieren und bewaffnet kämpfen, solche, die Training und Militärberatung anbieten und solche, die Logistik, technische Unterstützung und Transport regulärer und irregulärer Armeen bereitstellen. Die Aktivitäten und Eigenschaften der einzelnen Unternehmen differieren sehr stark. Selbst die Unterscheidung in PSC und PMC fällt oft schwer, da sich Tätigkeiten überlappen und Grenzüberschreitungen an der Tagesordnung sind. Blackwater USA bietet z.B. sowohl Personen- und Objektschutz als auch "peacekeeping" und Trainings an.

Auftraggeber

Als Auftraggeber treten vor allem Staaten, Wirtschaftsunternehmen und Internationale Organisationen auf. Die PSCs und PMCs profitieren bisher noch zum Großteil von Aufträgen des eigenen Landes. Man geht davon aus, dass die gesamte Branche derzeit 100 Milliarden US-Dollar weltweit umsetzt. Rund 50 Länder haben bereits solche Firmen angestellt.
Schrumpfende Truppenstärken und die allgemeine Rationalisierung der Militärbudgets führten vielerorts zu Umstrukturierungsmaßnahmen. Aus finanziellen Gründen wurden dabei gewisse Sicherheitsaufgaben und militärische Zuarbeiten von staatlicher Seite in private Hände gegeben.
Für einige Staaten spielen beim Outsourcing auch strategische Überlegungen eine Rolle. Die USA führen gegen den Terrorismus weltweit einen Krieg geringer Intensität (sog. low intensity warfare), der auf eigenständigen strategischen und taktischen Zielen beruht. Das Delegieren von Einsätzen an PMCs soll die regulären Streitkräfte von Missionen entlasten, die für die nationale Sicherheit geringere Priorität haben. Davon abgesehen werden die Todeslisten der us-amerikanischen Soldaten geschont.
Einige PMCs arbeiten auch für Rebellenbewegungen, überwiegend als Ausbilder. Die meisten Firmen erklären jedoch offiziell, nur mit von den Vereinten Nationen (VN) anerkannten Regierungen zusammenarbeiten zu wollen. Das wachsende Sicherheitsbedürfnis der vielen Abgesandten von internationalen Organisationen und Unternehmen in Krisengebieten verlangt ebenfalls nach professionellem Schutz. Executive Outcomes führte z. B. in Sierra Leone erfolgreich eine Rettungsaktion für Mitarbeiter der VN durch.
Der Schutz von Unternehmen ist seit einiger Zeit üblich und in manchen instabilen Regionen sogar unablässlich. Er kann in Entwicklungsländern stabile Rahmenbedingungen für eine wirtschaftliche Entwicklung schaffen und fördern oder eben "lästige" Übergriffe der einheimischen Bevölkerung abwehren. So war u.a. das Erdölunternehmen Texaco in Kolumbien an der Ermordung von Gewerkschaftlern beteiligt5.
In Deutschland wird Outsourcing auf militärischer Ebene noch sehr vorsichtig betrieben. Bisher wurden nur Aufgaben im Bereich der Informationstechnologie, Kleiderversorgung oder Gepäckkontrolle am Flughafen ausgelagert. Die Bundesregierung erklärte kürzlich, dass aufgrund des staatlichen Gewaltmonopols in Deutschland hoheitliche Sicherheitsaufgaben nicht von Privaten wahrgenommen werden könnten. Dies betreffe auch den Schutz der Würde und des Lebens von Deutschen im Ausland.

Einsatzgebiete

Die PMCs und PSCs decken regelmäßig ein sehr breites Aufgabenspektrum ab. Die wichtigsten Unternehmen haben inzwischen Tochterunternehmen gegründet und erfassen damit jegliche Bereiche von Sicherheitsdiensten bis zu militärischen Aufgaben. Inzwischen übernehmen PSCs an nahezu allen Krisenpunkten dieser Welt den Wach- und Begleitschutz für Soldaten, Geheimdienstler, Firmen und Hilfsorganisationen.
Die Vermietung von ehemals hochrangigen und zum Teil zur Terrorbekämpfung speziell ausgebildeten Soldaten ist ein gutes Geschäft. Ein ehemaliger SAS Soldat kostet bei Defence Systems Limited (DSL) um die 1500 € am Tag. Er selbst erhält davon ca. die Hälfte. Vor allem der Schutz von Wirtschaftsunternehmen geht einher mit der schleichenden Kontrolle über bestimmte Wirtschaftszweige. Für die Unternehmen zielen darauf ab, an der Rohstoffförderung über den Schutzauftrag hinaus beteiligt zu werden. Sie erlangen z.B. Bezahlung in Form von Lizenzen für Ölquellen und Schürfrechte für Diamantenminen und bleiben dadurch langfristig vor Ort präsent. Oft werden dafür wiederum Tochterunternehmen gegründet.
Über diese Sicherungsmaßnahmen hinaus rücken die Unternehmen zunehmend in militärische Aufgabenbereiche vor. Es gibt bereits ein breites Angebot an Leistungen auf den Gebieten Logistik, Planung und Strategieentwicklung. Auch die Truppenversorgung und der Transport werden vermehrt an private Unternehmen ausgelagert, so übernehmen viele zivile Fluglinien bereits die Truppentransporte. Manche Unternehmen sind für die Instandhaltung und Wartung der Waffensysteme zuständig. Andere für nachrichtendienstliche Missionen wie z.B. Luftaufnahmen. Die Experten dafür haben sie längst gefunden: 70 % der ehemaligen KGB-Bediensteten sind z.B. inzwischen bei PMCs und PSCs angestellt.
Im Rahmen des Outsourcings von Dienstleistungen für Truppen im Auslandseinsatz unterzeichnete die US-Administration zwischen 1994 und 2004 über 3 000 Verträge, darunter auch mit diversen PMCs wie DynCorp, der Military Professional Ressources Inc. (MPRI) und Kellogg Brown & Root (KBR)6. Das Gesamtauftragsvolumen der letzten zehn Jahre lag bei über 300 Milliarden Dollar7. Nicht zuletzt nehmen Angestellte von PMCs vermehrt direkt an Kampfhandlungen teil. Im Irak lässt sich dies gerade sehr deutlich beobachten.

Rekrutierung

Die Rekrutierung erfolgt durch direkte oder indirekte Anwerbung. Für viele lockt der hohe Sold (bei Blackwater 300-800 US $ pro Tag). Die meisten Unternehmen finden billiges Militärpersonal in Ländern wie Kolumbien, Chile, Südafrika und Russland. Zu einem kleinen Teil werden Zivilisten oder Reservisten verpflichtet. Vor allem wird das Personal jedoch von regulären Armeen, vor allem den Spezialeinheiten abgeworben. Dabei scheuen sie nicht die Anstellung ehemaliger Kriegsverbrecher.
Mindestens 120 kolumbianische Ex-Militärs sind als Söldner in Irak im Einsatz. Sie arbeiten für Blackwater. Ausgebildet werden sie in offiziellen Einrichtungen der kolumbianischen Streitkräfte, der Kavallerieschule in Bogotá, die in den 1980er Jahren auch als Folterzentrum bekannt war8. Aber auch ehemalige hochrangige MitarbeiterInnen des CIA und anderer Geheimdienste sowie pensionierte Generäle und Admiräle stehen auf den Gehaltslisten.
An standardisierten Verfahren für die Rekrutierung fehlt es freilich. Auch einheitliche Befehls- und Kontrollstrukturen sind nicht vorhanden. Das know-how speist sich überwiegend aus den Erfahrungen der einzelnen Angestellten. Erfahrene Militärs des Apartheidregimes oder der Pinochetdiktatur scheinen besonders beliebt und werden schon mal offiziell ihrer Professionalität wegen gelobt, wenn sich z.B. die chilenische Regierung gegen eine Anwerbung ihrer Staatsangehörigen zu wehren versucht.

Regulierung

Für ihr wirtschaftliches und rechtliches Überleben benötigen die Unternehmen die staatliche Akzeptanz ihrer Heimatstaaten. Südafrika hat bereits Gesetze verabschiedet, um die ständige Anwerbung zu unterbinden. Aus dem Land gingen sehr viele Exmilitärs zu privaten Sicherheits- und Militärunternehmen. Es wird geschätzt, dass derzeit etwa 1500 Südafrikaner allein im Irak angestellt sind9. Der Regulation of Foreign Military Assistance Act vom Juli 1998 verbietet Südafrikanerinnen und Südafrikanern eine direkte Beteiligung als bezahlte Streitkräfte/Söldner in bewaffneten Konflikten. Unter Beteiligung fallen auch Rekrutierung, Training und Finanzierung. 2003 wurde auf der Grundlage dieses Gesetzes der Südafrikaner Richard Rouget wegen Söldneranwerbung in der Elfenbeinküste zu einer Geldbuße und einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. Primär zielte der Act auf eine Regelung der Aktivitäten von Executive Outcomes. Das erfolgreiche Unternehmen stellte im Januar 1999 offiziell seine Tätigkeit ein10. Die fehlende politische Rückendeckung durch seinen Heimatstaat war dafür sicherlich ein wichtiger Grund.
Die USA haben mittels einer Lizenzvergabe11 ein System eingeführt, welches die PMCs und PSCs an staatliche Institutionen bindet und ihnen einen quasi-staatlichen Status verleiht.
Denkt man das Lizenzmodell weiter, ließe sich jeder potenzielle Auftrag an eine staatliche Bestätigung binden, welche in problematischen Fällen verwehrt würde.
Die Firmen lassen sich bisher, wie der US-Bundesrechnungshof hervorgehoben hat, kaum kontrollieren. Insbesondere existiert kein zentralisiertes System zur Überwachung der zahllosen Outsourcing-Verträge der einzelnen US-Regierungsbehörden. Obwohl die Vermarktung militärischer Dienstleistungen in den USA staatlicher Kontrolle unterliegt, ist es gängige Regierungspraxis, die Bestimmungen zumal in den Bereichen Informationsbeschaffung und Sonderoperationen so weit wie möglich auszulegen.
Um mit den Regierungen im Geschäft zu bleiben und sich international einen guten Ruf zu verschaffen, waren die privaten Sicherheitsdienste in Afrika und anderen Regionen auch bereit, sich auf die Vorgaben der Weltbank bezüglich Rechtsstaatlichkeit und "good governance" einzulassen. All diese Firmen haben sich mittlerweile einen Verhaltenskodex gegeben und sich auf ethische Grundsätze verpflichtet, die garantieren sollen, dass sie nur mit legitimen Regierungen und innerhalb des gesetzlichen Rahmens arbeiten werden. Inzwischen empfehlen manche Experten, diese Unternehmen als professionelle Anbieter bestimmter Dienstleistungen anzuerkennen - in der Hoffnung, dass dann bei ihren naturgemäß überaus heiklen Missionen wenigstens gesetzliche Mindeststandards garantiert sind.

Status

Angestellte, die direkt in Kampfhandlungen eingebunden oder verwickelt werden, nehmen z.T. auch an Übergriffen auf die Zivilbevölkerung, Tötungen, Folter und Vergewaltigungen teil. Aus völker- straf- und haftungsrechtlichen Gesichtspunkten ist in solchen Fällen eine Verortung von PMCs innerhalb der Akteursstruktur in bewaffneten Kriegen wichtig, entscheidet sie doch z. B. darüber, ob den Angestellten von PMCs der Kriegsgefangenenstatus zuerkannt wird und wie sie zur Verantwortung gezogen werden können.
Organisierten Widerstandsbewegungen und Milizen wird zum Beispiel nur dann der Schutz für Kriegsgefangene gewährt, wenn sie sich gemäß Art. 4 A Nr. 2d) III. Genfer Abkommen an die Gesetze und Gebräuche des Krieges halten. Außerdem sind letztlich nur die völkerrechtlich anerkannten Kombattanten dazu berechtigt Schädigungshandlungen vorzunehmen. Alle anderen können deswegen festgenommen und von der Gewahrsamsmacht in einem Gerichtsverfahren verurteilt werden. Rechtmäßige Kombattanten im völkerrechtlichen Sinne sind immer noch die Angehörigen der Streitkräfte einer Konfliktpartei.
Neben den Streitkräften gibt es noch die so genannten warlords, Milizen und Privatarmeen. Solche mehr oder weniger organisierten Kampfverbände machen zum Teil auch Gebrauch von einzelnen Söldnern. In die Militärorganisation eingegliederten Freiwilligenkorps und Milizen wird nach Art. 4 A Nr. 1 des III. Genfer Abkommens der Schutz von Kriegsgefangenen zu Teil. Alle anderen Milizen, Freiwilligenkorps und Widerstandsbewegungen genießen diesen Status nur unter den Voraussetzungen von Art. 4 A Nr.2 des III. Genfer Abkommens. Dafür müssen sie u.a. eine verantwortliche Person an ihrer Spitze haben und sowohl ein erkennbares Unterscheidungszeichen als auch ihre Waffen offen tragen.
Der "klassische" Söldner12 stellt als Einzelperson zum Zweck des persönlichen finanziellen Verdiensts seinen körperlichen Einsatz zur Verfügung. Söldner werden überwiegend von nichtstaatlichen Gruppen angeheuert. Völkerrechtlich haben sie gemäß Art. 47 ZP I der Genfer Konventionen kein Anrecht auf den Status eines Kombattanten, geraten sie in Gefangenschaft, gelten sie nicht als Kriegsgefangene. Davon abgesehen sieht die Anti-Söldner Konvention13 der VN ein Verbot des Anwerbens, des Einsatzes, der Finanzierung und der Ausbildung von Söldnern vor.
Aber wo stehen die PMCs? Klassische Streitkräfte sind sie nicht. Nach Art. 47 ZP I der Genfer Konventionen sowie nach der Anti-Söldner Konvention werden ihre Angestellten auch nicht als Söldner eingestuft14, auch wenn die Mehrheit der Angestellten gerade aus finanzieller Motivation heraus am Konflikt teilnimmt. Allerdings sollte man die Kritik an der Söldnerdefinition in Art. 47 beachten. Von vielen Delegationen war damals eine weiter gehende Regelung gefordert worden. Manche sehen in der sehr engen Definition des Art. 47 ZP I auch eine Diskriminierung einer bestimmten Gruppe von Kämpfern. Der Sonderberichterstatter der Menschenrechtskommission für das Söldnerwesen kritisierte an Art. 47 II ZP I, dass er die tatsächlichen Fälle der aktuellen Söldnereinsätze nicht erfasse. Söldner sind wohl nur noch die Einzelpersonen, die sich an jeden verkaufen. PMCs und PSCs sind "Geschäftspartner". Bleibt der Status von Zivilisten. Diesen kommen der Schutz und somit die grundlegenden Garantien aus Art. 75 ZP I zugute.
Die Bundesregierung teilte kürzlich auf eine Große Anfrage der FDP-Fraktion hin mit, dass das geltende humanitäre Völkerrecht ausreiche, um die Aktivitäten von Angehörigen privater Sicherheitsfirmen in militärischen Konfliktfällen zu erfassen und zu bewerten. Nach ihrer Ansicht müssen Mitarbeiter privater Sicherheitsfirmen, die unmittelbar an einem bewaffneten Konflikt teilnehmen, als Kombattanten mit Strafverfolgung rechnen. Schließlich wären sie dazu nicht berechtigt. Im Falle ihrer Gefangennahme gelten sie nicht als Kriegsgefangene. Wer aber als Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma nicht direkt an Feindseligkeiten teilnehme, genieße den Schutz für Zivilpersonen aus dem humanitären Völkerrecht15. Letztlich sind aber gerade die Angestellten von PMCs schutzlos den Gefahren ausgesetzt. Agieren sie doch ohne militärischen Status und Beistand an den Brennpunkten.

Chancen und Risiken

Viele Tätigkeiten der PSCs sind legal und rechtlich abgesichert. Bestimmte staatliche Aufgaben wie zum Beispiel der Schutz der öffentlichen Ordnung durch die Polizei in U-Bahnhöfen werden bereits vieler Orts von privaten Wachunternehmen durchgeführt. Datenbanken und absolute Sicherheitsfragen gelangen allerdings ebenfalls in die neuen Servicehände. So ist DynCorp in den USA zuständig für die Datenbanken des Verteidigungs-, Außen- und Justizministeriums, der Bundessteuerbehörde Internal Revenue Service, der Kontrollbehörde für das Börsenwesen, der Drogenbehörde DEA, sowie für die Computer des FBI. Letztlich handelt es sich dabei um eine Risikoverteilung zwischen Staat und Privatsektor. Wie man sich entscheidet, hängt dabei auch vom sicherheitspolitischen Selbstverständnis des jeweiligen Staates ab.
Diskutiert wird, ob der Einsatz von PSCs zum Schutz von Internationalen Organisationen und von PMCs für Friedenseinsätze denkbar wäre. Ihr Einsatz sei mit geringeren Kosten verbunden, schneller und effektiver. Sie könnten außerdem Regierungen bei Verteilungskämpfen gegen Rebellenbewegungen militärischen Vorteil verschaffen und damit deren staatliche Handlungsfähigkeit stabilisieren. Gleichzeitig bestünde dabei aber die Gefahr, dass diese Regierungen dann auf Investitionen in funktionierende staatliche Sicherheitsinstitutionen verzichten.
Viele von den Unternehmen haben es im Laufe der letzten Jahre geschafft, sich durch intensive Lobbyarbeit als leistungsfähige Partner bei der Durchführung friedenserhaltender Maßnahmen zu profilieren. Damit entsteht aber die Gefahr, dass der Unterschied zwischen Entwicklungshilfe, humanitärer Hilfe und Militäreinsätzen noch weiter verwischt wird16.
Die Position der VN zu Söldnern und PMCs ist klar ablehnend. Obwohl sie inzwischen selbst private Sicherheitsunternehmen zum Schutz ihrer Mitarbeiter und für ihr peacekeeping einsetzen.
Die jüngste Veränderung der Bedrohungsszenarien und die Terrorismusbekämpfung verschieben die klassischen Fronten. Auf diesen Aktionsfeldern agieren manche PMCs als Lückenfüller. Das Pentagon verlangte 2004 vom Kongress die Bewilligung von 500 Millionen Dollar zum Aufbau eines weltweiten Netzes von "befreundeten Milizen", um Terroristen in "nichtregierten" Zonen verfolgen und bekämpfen zu können17.
Ein wichtiges Problem bei der Privatisierung von staatlicher Gewalt liegt eben in der Vermischung von politischen, wirtschaftlichen und militärischen Interessen. Gerade durch die Vernetzung in einem System von Sub- und Partnerunternehmen breitet sich die Einflussnahme der Unternehmen undurchschaubar aus. Ein bedrohliches Beispiel ist auch der zunehmende Einstieg in den Waffenhandel.
Ein anderes Problem liegt in der Abgabe von Verantwortlichkeit und mangelnden Kontrollmechanismen. Die Achtung der Menschenrechte ist bei dem Einsatz von PMCs nicht ausreichend gewährleistet. Gemäß Art. 43 ZP I unterliegen die offiziellen Streitkräfte einem Disziplinarsystem, das die Einhaltung der Regeln des in bewaffneten Konflikten anwendbaren Völkerrechts gewährleistet. Dies ist bei privaten Unternehmen so nicht der Fall. Nicht selten werden sie für multinationale Konzerne tätig, deren Unternehmenspolitik allein bereits Menschenrechte und Umweltschutzregelungen verletzt. Nicht zuletzt die Foltervorwürfe gegen CACI im Irak haben gezeigt, wie sensibel der Umgang mit Sicherheitsaufgaben geschehen muss.
Die vorhandenen Sanktionsmöglichkeiten sind schwach. Letztlich greifen die internationalen Normen erst, wenn die Unternehmen das Selbstbestimmungsrecht der Völker verletzen, in innere Angelegenheiten von Staaten eingreifen oder sich direkt an Kampfhandlungen beteiligen.
Der Einsatz von PMCs droht derweilen internationale Absprachen zu unterwandern. Es lässt sich mit ihrer Hilfe z.B. ein Waffenembargo umgehen, was den USA im Rahmen des Jugoslawienkrieges durch den Einsatz von MPRI bei der Ausbildung der kroatischen Truppen auch vorgeworfen wird. Außerdem könnten private Einheiten eingesetzt werden, wenn offiziell keine Bodentruppen entsandt werden dürfen. Heute bereitet es kaum noch Schwierigkeiten, die Anti Söldner Konvention der VN und der Afrikanischen Union (AU)18 zu umgehen, die doch eigentlich den Einsatz von Söldnern verbieten.
Des Weiteren droht die Ausweitung einer aus Kolumbien bekannten und äußerst umstrittenen Praxis: Die Beauftragung von PMCs und PSCs zur Durchführung von Maßnahmen auf dem Territorium eines anderen Staates.

Fazit

Gerade das Outsourcing militärischer Aufgaben droht die Bindung an das Völkerrecht zu unterlaufen. Eine zentrale Funktion des Staates, sein Gewaltmonopol wird langsam aufgeweicht. Das völkerrechtliche System der kollektiven Sicherheit baut auf dem Grundsatz auf, dass in erster Linie die Staaten für die Sicherheit ihrer Bürger und anderer Staaten, speziell in der Region, zu sorgen haben. Das staatliche Gewaltmonopol ermöglicht ihnen grundsätzlich eine wirksame Ausübung dieser besonderen Verantwortung. Dies wird durch die zunehmende Privatisierung der Gewalt in Frage gestellt.
Die schleichende Privatisierung bietet keine klaren Verantwortlichkeiten. Im Gegenteil: Oft geht der Einsatz von PMCs und PSCs mit Zusagen hinsichtlich Straffreiheit einher. Es stellt sich die Frage, ob die Heimatstaaten bereit sind politische und juristische Verantwortung zu übernehmen für die Duldung derartiger Unternehmen und ihrer Einsätze. Eine möglichst internationale Regelung zum Umgang mit und der Kontrolle von privaten Militär- und Sicherheitsfirmen ist dringend erforderlich.

Katharina Braig promoviert an der Humboldt Universität Berlin.

Anmerkungen:

1 Titel einer Schrift von Donald Rumsfeld von 1995.
2 So die Selbstdarstellung unter www.blackwaterusa.com.
3 Makki, Sami Dossier in: Le Monde diplomatique Nr. 7512 vom 12.11.2004 " Outsourcing, das Irak-Experiment ".
4 Siehe Peter Singer "Corporate Warriors" in: International Security, Vol. 26, No. 3 (2001).
5 Azzelini/ Kanzleiter S. 34.
6 Eines der erfolgreichsten Unternehmen, errichtete u.a. auch das Gefängnis auf Kuba Guantanamo Bay für die USA; Tochterunternehmen von Halliburton.
7 Makki, Sami Dossier.
8 Bettina Reis in http://www.ila-bonn.de/artikel/ila288/kolumbienblackwater.htm.
9 Cape Times http://www.capetimes.co.za/index.php?fArticleId=340626).
10 Gegründet wurde aber eine Art Nachfolgeunternehmen "Sandline".
11 Die Lizenzierung unter der "International Traffic in Arms Regulation" erfolgt unter der Aufsicht des Office of Defense Trade Controls des State Departments.
12 Siehe dazu: Maaß, Rainald "Der Söldner und seine kriegsvölkerrechtliche Rechtsstellung als Kombattant und Kriegsgefangener" UVB-Universitätsverlag Dr. N. Brockmeyer, 1990.
13 International convention against the recruitment, use, financing and training of mercenaries, New York 1998, sie ist erst seit 20. 10. 2001 in Kraft.
14 Zur Abgrenzung siehe vor allem: Zarate, Juan: "The emergence of a new dog of war: private security companies, international law and the new world disorder", in: Stanford Journal of International Law, Vol. 34, Nr. 75/ 1998, S. 75-162.
15 Bundestagsdrucksache 15/5824.
16 Makki, Sami Dossier.
17 Le Monde diplomatique Nr. 7512 vom 12.11.2004.
18 Organization of African Unity Convention for the Elimination of Mercenarism in Africa, 1977, seit 1985 in Kraft.