Heft 4 / 1996: Law Online Auf dem Weg in die Informationsgesellschaft |
Katharina Ahrendts | |
Bayerischer Abweg im Abtreibungsrecht | |
Die Ende Juli 1996 verabschiedeten bayerischen Ergänzungsregelungen zum
Bundesabtreibungsrecht bescheren dem "Abtreibungstourismus" goldene Zeiten:
Bayerische ÄrztInnen und Krankenhäuser dürfen ab 1. Oktober 1996 nur noch
25 % ihrer jährlichen Einkünfte aus Schwangerschaftsabbrüchen erzielen.
Den Schutz der ÄrztInnen vor einer Gewissenstrübung durch wirtschaftliche
Abhängigkeit von Abtreibungen nennt die CSU-Landtagsmehrheit als Regelungsziel
(und behält für sich, warum das ärztliche Gewissen eine Abtreibung pro
Tag verkraftet, bei ungefähr dreien aber versagt). Erreicht hat das Gesetz
das faktische Ende legaler ambulanter Abtreibungen in Bayern: Fast die
Hälfte aller Abbrüche dort wurde bisher von zwei darauf spezialisierten
Ärzten vorgenommen - beide können ihre Praxis jetzt schließen. Die entstehende
Versorgungslücke bleibt offen: Kaum einE ÄrztIn wird sich der Kriminalisierung
ihrer / seiner Tätigkeit durch die zur Überprüfung der 25-%-Quote angedrohten
Durchsuchungen von Praxis, Wohnung und Patientinnenkartei freiwillig unterwerfen.
Nicht nur wegen dieser unverhältnismäßigen Einschränkung ihrer Berufsausübungsfreiheit
aus Art. 12 Grundgesetz (GG) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art.
13 GG) haben einige ÄrztInnen Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht
(BVerfG) eingereicht. Ignoriert hat der bayerische Landtag zudem die im
Abtreibungsurteil 1 enthaltene Vorgabe
an die Länder, wohnortnahe Abtreibungsmöglichkeiten zu garantieren. Katharina Ahrendts, Freiburg Anmerkungen: 1 Entscheidungen des BVerfG Bd. 88,
203. Quellen und Literatur: Tageszeitungen vom 1.-3.8.1996;
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