Heft 2 / 2001:
Recht Macht Geschlecht
Notwendigkeit und Perspektiven feministischer Rechtspolitik
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Notwendigkeit und Perspektiven feministischer Rechtspolitik
 

Von Männern und Frauen wird heute vielfach bestritten, dass die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern fortbesteht. Die äußeren Daten sehen sehr günstig aus. Seit 1994 ist das Ziel der tatsächlichen Gleichheit von Frau und Mann in Art. 3 Abs. 2 S. 2 Grundgesetz festgeschrieben. Diskriminierende Gesetze wurden aufgehoben, Frauenfördermaßnahmen werden vorangebracht und auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs ist der Gleichstellungsfrage meist wohlgesonnen.
Doch immer noch sind Benachteiligungen von Frauen an der Tagesordnung. Frauen bekommen weniger Geld für die gleiche Arbeit, auf ihnen lastet über Gebühr die Sorge für Familie und Haushalt. Sie werden nicht ausreichend vor Gewalt geschützt, sind Opfer sexistischer Übergriffe und stehen als Flüchtlinge auf unterster Stufe. Nicht zuletzt haben Frauen nicht in gleichem Maße Einfluss auf politische und wirtschaftliche Prozesse wie Männer.
Dazu kommt, dass sich das Geschlecht nicht nur im Verhältnis zwischen Männern und Frauen als "hervorragendes" Diskriminierungsmittel erwiesen hat. Menschen, die sich dieser "Normierung" entziehen, weil sie lesbisch, schwul oder queer leben, kämpfen gegen Vorurteile, müssen sich für ihr Leben rechtfertigen und werden wegen ihrer Sexualität diskriminiert.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welcher Weg einzuschlagen ist, um rechtlich gegen Diskriminierungen vorzugehen. So bestehen begründete Vorbehalte gegen Regelungen, die zwar zum Ziel haben, die Position von Frauen zu verbessern, dies aber nur dadurch erreichen, dass sie an die derzeitige Situation anknüpfen und so alte Stereotype und vorgefundene Rollenverteilungen festschreiben. Frauen bleiben die ewig Unterdrückten, die besondere rechtliche Förderung nötig haben. Andererseits stellen äußerlich neutrale Regelungen häufig keine geeignete Alternative dar, da sie sich oft mittelbar diskriminierend für Frauen auswirken, indem sie an einen männlichen Maßstab anknüpfen.
Dieses rechtstheoretische Dilemma ist allgegenwärtig, wie sich aktuell an der Debatte um Prostitution und Frauenhandel oder über Effektivität und Nutzen von Frauenfördermaßnahmen zeigt. Die Rentenreform ist wiederum ein Beispiel dafür, dass die angemessene Berücksichtigung von Belangen von Frauen sowie ein nicht einseitig am Mann orientierter Maßstab, hier in Form der Normalerwerbsbiografie, auch bei grundlegenden Reformen immer noch Utopie sind.
Trotz dieser Schwierigkeiten stellen nationales und internationales Recht wichtige Instrumente dar, um das Verhältnis der Geschlechter zu ändern. Wer es nur als Mittel zur Herstellung und Manifestation der Unterdrückung von Frauen qualifiziert, verkennt, dass gerade Frauen es in der Vergangenheit zu nutzen verstanden, um ihrem Ziel der Gleichberechtigung der Geschlechter ein Stück näher zu kommen.