Heft 1 / 2002:
könnte besser sein
Sozialrecht
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Transparenz und Chancengleichheit bei der Wahl von BGH-RichterInnen
 

Das Oberverwaltungsgericht Schleswig hat einen erstinstanzlichen Beschluss bestätigt, in dem einer Konkurrentenklage eines nicht zum BGH-Richter ernannten Bewerbers für dies Amt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes stattgegeben worden war. Der an den BGH gewählte Richter Nescovic kann daher bis zur endgültigen Entscheidung in der Hauptsache nicht ernannt werden.

Das Gericht hat dabei zunächst die strittige Frage nach der gerichtlichen Überprüfbarkeit der Berufung der RichterInnen vor dem Hintergrund von Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz (GG) bejaht. Dieser schreibt vor, daß BewerberInnen für ein öffentliches Amt nach ihrer fachlichen Qualifikation auszuwählen sind.

Gem. Art. 95 Abs. 2 GG entscheidet über die Berufung von BGH-RichterInnen der/die BundesministerIn der Justiz gemeinsam mit einem Wahlausschuß. Dieser setzt sich zusammen aus den LandesjustizministerInnen sowie vom Bundestag gewählten VertreterInnen. Bei der Entscheidung werden dienstliche Beurteilungen ebenso wie eine Stellungnahme des mit BGH - RichterInnen besetzten Präsidialrats berücksichtigt.

Teilweise wird vertreten, das vorgeschriebene Verfahren sei ein Akt demokratischer Legitimation, was an der Besetzung des Wahlausschusses deutlich werde. Daher sei die Richterwahl der Legislative zuzurechnen, deren Entscheidungen sich dem Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG und damit einer gerichtlichen Überprüfung entziehen.

Demgegenüber bestätigte das Gericht die Ansicht, Art. 33 Abs. 2 GG sei hier anwendbar. Durch die Entscheidung des/der MinisterIn und auch innerhalb des Wahlausschusses sei die Exekutive deutlich repräsentiert.

Weiterhin hat das Gericht eine Verletzung des Verfahrens bestätigt. Die Kandidatur des Klägers sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, da er noch vor der Wahl ohne Nennung sachlicher Gründe zurückgestellt worden sei. Hierin sah das Gericht eine Verletzung des aus Art. 42 Abs. 1 Satz 1 GG folgenden Grundsatzes der Transparenz. Gleichzeitig bestehe ein Widerspruch zu Art. 33 Abs. 2 GG, da Nescovic vom Präsidialrat - anders als von seinen Vorgesetzten, die ihm hohe Qualifikation bescheinigten - als fachlich ungeeignet eingestuft worden war.

Zwar kann die Forderung nach mehr Transparenz als Fortschritt bei der unter dem Verdacht der Ämterpatronage stehenden Praxis gesehen werden. Allerdings bleibt die Frage, wie die abweichende Beurteilung des Präsidialrates zustande kam - gilt Nescovic doch als ein Verfechter liberaler Drogenpolitik, der den BGH diesbezüglich in der Vergangenheit als "Bastion der Ignoranz" bezeichnet hatte.

Tillmann Löhr, Göttingen.